Zugentgleisungen in Stuttgart: Wenig Interesse an Aufklärung – Zusammenhang mit Stuttgart 21 kaschiert

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Stuttgart Hbf. Gleis 10Das Foto zeigt Gleis 10 des Stutt­gar­ter Haupt­bahn­hofs. Bei der Ein­fahrt auf Gleis 10 ent­gleis­ten im Jahr 2012 zwei IC-Züge. Die Auf­klä­rung der Unfall­ur­sa­chen zog sich lan­ge hin. Die wirk­li­chen Grün­de wer­de bis heu­te nicht ein­ge­räumt. Zen­tra­le Beweis­mit­tel sind ver­schwun­den. Das Gleis darf bis heu­te nur durch gezo­ge­ne Züge – im wesent­li­chen ICE-Züge – befah­ren wer­den. Im Haupt­bahn­hof erge­ben sich dadurch und durch wei­te­re umbau­be­ding­te Restrik­tio­nen Eng­päs­se. Fol­ge: Mehr Ver­spä­tun­gen.

 

Pres­se­er­klä­rung vom Novem­ber 2014, aktua­li­siert am 31.12.2014

Am 24.07. und 29.09.2012 ent­gleis­ten Inter­ci­ty-Züge bei der Aus­fahrt aus Gleis 10 des Stutt­gar­ter Haupt­bahn­hofs. Dabei wur­den acht Men­schen leicht ver­letzt und es ent­stand ein Sach­scha­den von rund zwei Mil­lio­nen Euro. Zur Auf­klä­rung der Unfall­ur­sa­che wur­de am 9. Okto­ber 2012 eine Ver­suchs­fahrt durch­ge­führt, die eben­falls eine Ent­glei­sung zur Fol­ge hat­te. Bis zur Vor­la­ge des Unter­su­chungs­be­rich­tes durch die Eisen­bahn-Unfall­un­ter­su­chungs­stel­le des Bun­des (EUB) ver­ging weit über ein Jahr. Die Behör­de mit Sitz in Bonn kam zum Ergeb­nis, dass die­se Ent­glei­sun­gen in Zusam­men­hang mit den Umbau­ar­bei­ten für Stutt­gart 21 ste­hen. Weil der Grü­nen-Bun­des­tag­ab­ge­ord­ne­te Mat­thi­as Gastel aus Fil­der­stadt im Unfall­be­richt eine Rei­he unge­klär­ter Fra­gen und zahl­rei­che Unge­reimt­hei­ten sah, wand­te er sich mit­tels einer Klei­ne Anfra­ge an die Bun­des­re­gie­rung. Aus der Ant­wort geht her­vor, dass das Eisen­bahn­bun­des­amt die Situa­ti­on an Gleis 10 für so kri­tisch hält, dass es sol­che Abwei­chun­gen von Richt­li­ni­en künf­tig bun­des­weit stren­ger regle­men­tie­ren will. Um die für den Umbau für S 21 nöti­ge Gleis­si­tua­ti­on in Stutt­gart bei­be­hal­ten zu kön­nen, wur­den nun stren­ge betrieb­li­che Auf­la­gen erlas­sen. Die­se schrän­ken die Fle­xi­bi­li­tät im Haupt­bahn­hof jedoch bis zur Inbe­trieb­nah­me von S 21 ein, was sich beson­ders bei Stö­run­gen im Betriebs­ab­lauf nega­tiv aus­wirkt.

Wei­ter­hin befrag­te Gastel die Bun­des­re­gie­rung auch zu Unstim­mig­kei­ten bei der Unter­su­chung der Ent­glei­sun­gen durch die EUB: In meh­re­ren Fäl­len wur­den zur Unfall­auf­klä­rung nöti­ge Unter­la­gen durch die DB AG nicht aus­ge­hän­digt. Aus der Ant­wort wur­de nun deut­lich, dass die EUB ihre recht­li­chen Befug­nis­se gegen die Deut­sche Bahn AG nicht nutz­te und in allen Fäl­len auf ein Erzwin­gen der Her­aus­ga­be der Unter­la­gen ver­zich­te­te. Beson­ders pikant: Bei der DB AG ver­schwan­den die rele­van­ten Puf­fer des am 29.09. ent­gleis­ten Zuges spur­los – eine Unter­su­chung die­ser wich­ti­gen Beweis­stü­cke war nicht mehr mög­lich. Den­noch stellt die EUB auf zwei­fel­haf­te Wei­se fest, dass ein Ver­sa­gen eben die­ser Puf­fer haupt­ur­säch­lich für die Ent­glei­sun­gen gewe­sen sein soll. Die für S 21 umge­bau­te Gleis­si­tua­ti­on wird hin­ge­gen ledig­lich als begüns­ti­gend für den Unfall bewer­tet. Mat­thi­as Gastel: „Die erheb­li­chen Unstim­mig­kei­ten bei der Unfall­un­ter­su­chung sowie die nun erteil­ten Betriebs­auf­la­gen unter­stüt­zen die bestehen­de Ver­mu­tung, dass in Wirk­lich­keit die für den Bau von S 21 nöti­ge Gleis­si­tua­ti­on haupt­ur­säch­lich für die Ent­glei­sun­gen war. Nicht nach­voll­zieh­bar ist in die­sem Kon­text, dass die Bun­des­re­gie­rung für den Fall, dass die Puf­fer doch noch auf­ge­fun­den wer­den, eine erneu­te Unter­su­chung die­ser rele­van­ten Beweis­mit­tel ablehnt. Man muss den Ein­druck gewin­nen, dass man die Ermitt­lun­gen abschlie­ßen woll­te, ohne die Grün­de für die Ent­glei­sun­gen genau zu ken­nen. Und der Zusam­men­hang mit Stutt­gart 21 wur­de ganz offen­sicht­lich her­un­ter­ge­spielt, um das strit­ti­ge Pro­jekt nicht noch wei­ter in die Nega­tiv­schlag­zei­len zu brin­gen.“

Hier fin­den Sie einen SWR-Fern­seh­bei­trag zum The­ma: http://youtu.be/OxVvvQMORPQ