Mündliche Fragen an die Bundesregierung, Sitzung des Bundestages am 17. Juni 2015
Auszug aus dem Protokoll:
Ich rufe die Frage 16 des Kollegen Gastel auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung unter Verweis auf die Verschiebung der geplanten Verlängerung der Neckar-Schleusen vom Jahr 2025 auf das Jahr 2031 und auf die Beschränkung der Ausbaupläne auf den Abschnitt von der Mündung bis Heilbronn aus der Aussage im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg (Ausgabe vom 29. Mai 2015), wonach „der Bund, der für die großen Wasserstraßen zuständig ist, den Neckarausbau scheibchenweise ad acta zu legen scheint“, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass laut des genannten Artikels die Bundesregierung „eine erhebliche Unterfinanzierung“ beim Erhalt und zukunftsfähigen Ausbau der Wasserstraßen einräumt?
Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur:
Ich gebe folgende Antwort: Das mit dem Ausbau des Neckars betraute Amt für den Neckarausbau wird zur Beschleunigung der Maßnahmen auch durch andere Dienststellen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, unter anderem durch das Neubauamt Hannover, unterstützt. Des Weiteren werden positive Effekte von der künftig verstärkten Anwendung standardisierter Bauweisen erwartet.
Bei den Bundeswasserstraßen sind gegenwärtig für laufende oder in Planung befindliche Projekte keine ‑Finanzierungsengpässe erkennbar. Als limitierender Faktor wirkt hier gegenwärtig vielmehr die begrenzte Planungsressource.
In dieser Situation ist eine strenge Priorisierung der Infrastrukturmaßnahmen unausweichlich. Vor diesem Hintergrund erfolgt auch die erneute Bewertung und Priorisierung aller noch nicht begonnenen Aus- und Neubauvorhaben im Rahmen der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplanes.
Vizepräsident Peter Hintze:
Danke schön. – Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte schön, Herr Kollege Gastel.
Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vermutlich habe ich nicht nur eine Zusatzfrage. – Zunächst war zu lesen, dass der bisherige Zeitplan das Jahr 2025 als Zieljahr für den Ausbau der Neckarschleusen enthielt. Dann war vom Jahr 2031 zu lesen – ich glaube, das war ein bestätigter Termin –, und in den letzten Tagen war in den Medien plötzlich vom Jahr 2044 und von einem Ausbau nicht bis Plochingen – also kein Vollausbau –, sondern lediglich bis Heilbronn die Rede. Können Sie diese Zahlen bestätigen? Welche Zahlen – einmal für den Ausbau bis Heilbronn und einmal bis Plochingen – stimmen aus heutiger Sicht?
Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur:
Die Zahlen kann ich nicht bestätigen, Herr Kollege. Sie wissen aus Ihrer Tätigkeit im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages, dass der Ausbau bis Heilbronn Priorität hat, wobei die neuen Schleusenkammern eine Länge von 135 Metern aufweisen sollen. Danach müssen wir die Schleusen bis Stuttgart bzw. bis Plochingen erst einmal sanieren. Wir nutzen die Sanierung, um die Schleusenkammern, wo es geht, auf eine Länge von 110 Metern zu vergrößern, um auch größere Schiffe schleusen zu können.
Der Hintergrund ist, dass beim Neubau einer Schleusenkammer die jeweils bestehende Schleusenkammer den Betrieb aufrechterhalten muss. Fällt sie aus, ist der Neckar dicht. Das darf nicht passieren. Deswegen müssen erst alle bestehenden Schleusenkammern saniert werden, bevor es an den Ausbau und die Errichtung zusätzlicher Schleusen geht. Das wird von Heidelberg aus neckaraufwärts geschehen und dauert seine Zeit.
Wir brauchen in Teilen ein neues Planrecht. Der Baugrund hat sich als deutlich schlechter als ursprünglich kalkuliert herausgestellt. Die Baumaßnahmen werden ‑einen größeren Zeitumfang in Anspruch nehmen. Von daher ist der Zeitplan – das Jahr 2031 ist angegeben – angespannt.
Vizepräsident Peter Hintze:
Schönen Dank. – Sie könnten noch eine Zusatzfrage stellen, wenn Sie möchten. Sie müssen aber nicht.
Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Diese Möglichkeit werde ich auch gerne nutzen. Vielen Dank, Herr Präsident.
Vizepräsident Peter Hintze:
Das hatte ich vermutet. – Bitte schön.
Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Verkehrsminister der Länder Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben – ich glaube, in dieser oder in der letzten Woche – moniert, dass sowohl für die Schleusen entlang des Rheins als auch entlang des Neckars zu wenig Geld zur Verfügung steht und dass es vor allem keine Planungssicherheit gibt. Das heißt, es werden keine Zahlen bzw. Daten in Bezug darauf genannt, wann was konkret vorangeht. Das wird kritisiert. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, hier für Klarheit zu sorgen.
Sie sagten vorhin, es sei weniger ein finanzielles Problem als ein Planungsproblem. Was machen Sie jetzt ganz konkret? Was sind die Konsequenzen, die die Bundesregierung aus der Kritik der genannten vier Bundesländer zieht?
Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur:
Ich weise die Kritik der vier Bundesländer zurück. Es ist nicht an dem. All diese Bundesländer sind über die laufenden Vorhaben gut informiert und können die Zeiträume selber abschätzen. Über ein Planverfahren können keine verlässlichen Aussagen getroffen werden, weil man nie weiß, ob es Einsprüche, Einwendungen oder sogar Gerichtsverfahren gibt. Von daher gesehen können nur grobe Abschätzungen vorgenommen werden.
Was die Frage der Kapazitätsausweitung bei den Planungen angeht, haben wir sowohl im Haushalt des Jahres 2014 als auch in dem des Jahres 2015 erstmalig seit vielen Jahren wieder mehr Stellen für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung bekommen. Dabei geht es insbesondere um Stellen im Planungsbereich. Wir sind derzeit dabei, all diese Stellen komplett zu besetzen und den Ämtern zuzuweisen, die besonders hohe Neubaukapazitäten benötigen.
Vizepräsident Peter Hintze:
Herzlichen Dank. – Die übrigen Fragen aus diesem Geschäftsbereich und aus den weiteren Geschäftsbereichen werden schriftlich beantwortet.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde.