Schien muss zum Rückgrat europäischer Verkehrswende werden
Anlässlich der Auftaktveranstaltung zum Europäischen Jahr der Schiene erklärt Matthias Gastel, Sprecher für Bahnpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion:
„Mit dem Europäischen Jahr der Schiene setzt die Europäische Kommission das richtige verkehrspolitische Signal. Denn die Klimaziele im Verkehrssektor werden wir nur mit einem starken Schienenverkehr schaffen. Damit der Schienenverkehr zum Rückgrat der Verkehrswende wird, brauchen wir sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene einen Vorrang für Investitionen in den Ausbau der Bahninfrastruktur und attraktiver Angebote. Wir müssen die Eisenbahninfrastruktur in Europa massiv ausbauen, um Lücken im europäischen Hochgeschwindigkeitsnetz zu schließen, zusätzliche Kapazitäten für den Schienengüterverkehr zu schaffen und grenzüberschreitende Strecken auszubauen bzw. zu reaktivieren damit Regionen zusammenwachsen können. Und wir brauchen eine Verkehrspolitik, die für fairen Wettbewerb im Verkehrsmarkt sorgt: Dieselsubventionen und Kerosinsteuerbefreiung müssen deshalb so schnell wie möglich beendet werden. Dasselbe gilt für denjenigen Teil an Regionalflughäfen, der sich wirtschaftlich nicht selber trägt.
Deutschland kommt im Herzen Europas als Verkehrsdrehscheibe mit neun europäischen Nachbarn eine zentrale Rolle bei der Stärkung des europäischen Schienenverkehrs zu. Beim Ausbau der grenzüberschreitenden Eisenbahnstrecken liegt Deutschland allerdings weit hinter den Zielmarken, die mit den Nachbarstaaten teil vor Jahrzehnten vereinbart wurden. Während beispielsweise die Schweiz Ende vergangenen Jahres die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) mit der Inbetriebnahme des Ceneri-Basistunnel abgeschlossen und die Kapazitäten für die Verkehrsverlagerung geschaffen hat, hält Deutschland die Schlusslaterne: Erst 2041 soll der viergleisige Ausbau der Oberrheinstrecke als NEAT-Zulaufstrecke abgeschlossen werden. Ein ähnliches Bummelzugtempo legt Deutschland auch beim Ausbau der Strecken in die Niederlande oder nach Polen und Tschechien an den Tag. Damit dieses europa- und bahnpolitische Trauerspiel ein Ende findet, müssen die Investitionen in den Aus- und Neubau von derzeit verhältnismäßig kümmerlichen 1,5 zügig auf zunächst 3 Milliarden Euro verdoppelt werden. Nach Aufbau weiterer Planungskapazitäten brauchen wir in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre jedes Jahr 5 Milliarden Euro für Ausbau und Modernisierung des Bahnnetzes.
Auch beim Aufbau zusätzlicher Nachtzugangebote hat sich die schwarz-rote Bundesregierung gegenüber unseren Nachbarn unsolidarisch verhalten. Während Schweden und Dänemark für neue Nachtzugangebote zwischen Malmö und Brüssel sowie Stockholm und Hamburg eine Anschubfinanzierung locker machen, hat Verkehrsminister Andreas Scheuer unseren Nachbarn die kalte Schulter gezeigt und eine Mitfinanzierung verweigert. So bleibt auch das von Scheuer im Sommer 2020 mit viel Tamtam vorgestellte Fernverkehrs- und Nachtzugkonzept TEE 2.0 ein Papiertiger. Denn bis heute fehlt der Bundesregierung jeglicher Plan, wie das Konzept umgesetzt werden soll. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Verkehrspolitik der Großen Koalition liegen weiterhin Welten“