Sicherheit effizienter gewährleisten
“Personen im Gleis” führen immer häufiger zu teils massiven Beeinträchtigungen im Bahnverkehr. Die Sicherheit muss im Interesse der Fahrgäste effizienter und mit geringeren Auswirkungen auf die Pünktlichkeit der Züge gewährleistet werden. Die „Beschleunigungskommission Schiene“ hat dazu konkrete Vorschläge erarbeitet.
Zunächst einmal einige Zahlen: Von 2014 bis 2022 stieg die Anzahl der Gleissperrungen aufgrund von „Personen im Gleis“ von 3.306 auf 4.039 (plus 22 Prozent). Der Anstieg erfolgte in den Jahren ab 2020. Die durchschnittliche Dauer der Sperrungen betrug kontinuierlich rund 1,25 Stunden. Diese Daten wurden mir auf eine entsprechende Anfrage von der Deutschen Bahn erstellt. Zahlreiche Medien hatten darüber berichtet. Hinter „Personen im Gleis“ stehen Personen, die auf oder in der Nähe von Gleisen gesichtet wurden. Oft sind diese Personen nie auf die Gleise getreten oder haben sich zum Zeitpunkt der Meldung bereits wieder von den Gleisen entfernt. Wenn eine Gefahr im Eisenbahnbetrieb durch Personen gesehen wird, die sich am oder im Gleis aufhalten, müssen Lokführer dies melden. Diese werden dafür in der Betriebsdienstschulung in der Lokführerausbildung sowie durch Fortbildungen geschult. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch Pilzsuchende oder Müllsammelnde, die sich nahe am Gleis bewegen, aber nicht die Absicht haben, dieses zu betreten, gemeldet werden, gilt als hoch. In jedem Fall löst eine solche Meldung eine Reihe von Reaktionen aus (Sperrung der Gleise, Information an die Bundespolizei, Benachrichtigung der Fahrgäste, Anpassung von Fahrplänen usw.). Die Beschleunigungskommission Schiene (BKS) hatte Vorschläge unterbreitet, wie die Abläufe so organisiert werden können, dass es eine schnellere Klärung der Sachlage und eine frühere Entscheidung über die Freigabe der Strecke geben kann.
Ich setze mich für Verfahren ein, mit denen die Sachlage schneller geklärt, die Einschränkungen für den Bahnverkehr minimiert und die Strecken früher wieder für den Normalbetrieb frei gegeben werden können. Entscheidend können dafür (in Stichworten) sein: Neue Aufgabenverteilung zwischen Bundes- und Landespolizei, mehr Verantwortung für die Streckenverantwortlichen (DB Netz), Sonderrechte für die Anfahrt von DB Notfallmanagern im Straßenverkehr, Überwachung der Gleise durch Lok-Kameras, statt Sperrung auch verlangsamte Fahrt ermöglichen usw. Diese Punkte bringe ich in die laufenden Gesetzgebungsverfahren rund um die Beschleunigungsmaßnahmen ein.
Mein Statement für die erwähnten Pressemeldungen:
Wir Grüne sehen die Notwendigkeit für einen pragmatischen Ansatz beim Thema “Personen im Gleis”. Daher werden wir uns in den anstehenden Gesetzesverfahren dafür einsetzen, die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Ein Beispiel sind dabei Anpassungen im Straßenverkehrsgesetz bezüglich der Sonderrechte von DB Notfallmanagern. Die ansteigende Anzahl an Sperrungen macht diese Anpassungen notwendig. Gleichzeitig unterstützen wir die DB Netz wo immer möglich, um Verfahren mit Behörden zu vereinfachen, Behörden in bahnspezifischen Themen zu schulen und so die Auswirkungen auf den Bahnbetrieb zu reduzieren – so wie es in der Beschleunigungskommission Schiene festgehalten wurde. Stundenlange Sperrungen wegen eines Pilzesammlers, der zufällig am Streckenrand unterwegs ist, müssen der Vergangenheit angehören. Wir können die Sicherheit im Bahnverkehr ohne die immer aufwändiger und realitätsferner gewordenen Vorgehensweisen gewährleisten.
Weitere Hintergrund-Informationen
Die „Beschleunigungskommission Schiene“, in der die DB, Verbände aus der Bahn-Branche und Behörden mitgearbeitet hatten, hatte sich auch mit „Personen im Gleis“ befasst. Dazu wurden zwei Maßnahmenvorschläge erarbeitet. Hier die Ergebnisse der Kommission (siehe S. 28; siehe auch weiter unten in diesem Beitrag): https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/abschlussbericht-beschleunigungskommission-schiene.pdf?__blob=publicationFile
Maßnahme 4: Gesetzliche Reglungen zu Personen im Gleis Die betrieblichen Verzögerungen durch Personen im/am Gleis nehmen über die Jahre deutlich zu. Gemäß § 62 Abs. 1 und 2 sowie § 63 Abs. 2 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) ist das Betreten der Bahnanlagen – soweit sie nicht dem allgemeinen Verkehrsgebrauch dienen – für Unbefugte verboten. Gegenüber Personen, die sich unbefugt in einen Gefahrenbereich begeben, besteht grundsätzlich keine Verkehrssicherungspflicht. Gleichwohl dürfen die beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Hinweise auf Personen im Gleis nicht ignorieren – sie haben umsichtig und entschlossen Maßnahmen zu veranlassen, um Personenschäden zu vermeiden. Häufig werden (auch aufgrund der persönlichen Verantwortung von Fahrdienstleiterinnen und ‑leitern und Triebfahrzeugführerinnen und ‑führern Züge mit entsprechenden betrieblichen Einschränkungen zurückgehalten. Bei Vorsichtsmaßnahmen sollte zwischen Aufenthalten entlang des Gleisbetts und im Gleisbett sowie zwischen Erwachsenen und Kindern differenziert werden, da von letzteren nicht immer ein verkehrsgerechtes Verhalten erwartet werden kann. Durch konkrete Regelungen in der EBO mit den Fallkonstellationen „Personen im Gleis“, „Personen am Gleis“, „Kinder im Gleis“ und „Kinder am Gleis“ kann der Gesetzgeber einen übergreifenden Rahmen setzen und einzelne EIU und betroffenen Personen rechtssicheres Handeln ermöglichen und für einzelne Konstellation, beispielsweise die Fortführung des Betriebs, mit reduzierter Geschwindigkeit festlegen.
Maßnahme 5: Beschleunigung der Sachverhaltsaufklärung bei Personenschäden Eine beschleunigte Freigabe der Strecken ist anzustreben, insbesondere der Gleise, die nicht betroffen sind. Die Eingreifzeiten für die mit der Aufklärung betrauten Personen sind zu reduzieren. Ein Ansatz könnten Fahrzeugkameras sein, die den Bereich vor dem Fahrzeug aufnehmen und eine Rekonstruktion der Situation erleichtern. Die Aufzeichnungen erfolgen im Fahrzeug und werden nach einer noch festzulegenden Zeit automatisch überschrieben. Ein weiteres Beschleunigungspotenzial liegt in der Übertragung der Aufgabe „Todesfallermittlung“ von Kriminalpolizei auf Bundespolizei. Grundsätzlich ist heute die Bundespolizei für fast alle Belange hinsichtlich der Eisenbahn zuständig. Die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei ist sehr gut. Eine Besonderheit ist die Todesfallermittlung: Für diese ist heute die Kriminalpolizei zuständig. Die für die Todesfallermittlung zuständige Kriminalpolizei trifft grundsätzlich stark verzögert zur Bundespolizei am Unfallort ein. Als Ursache werden Paralleleinsätze und die Ermangelung einer flächendeckenden Verfügbarkeit von Kriminalpolizeibeamtinnen und ‑beamten genannt. Darüber hinaus verfügt die Bundespolizei über tiefgehendes Bahnverständnis aufgrund jahrzehntelanger Zusammenarbeit und wiederkehrender Schulungen mit dem Ziel der Erhöhung des Bahnverständnisses. Die Übertragung der Aufgabe „Todesfallermittlung“ von Kriminalpolizei auf Bundespolizei birgt somit einen signifikanten Hebel zur Reduktion der Sperrzeiten. Die Bundespolizei ist grundsätzlich offen für eine bundesweite Übernahme der Aufgabe „Todesfallermittlungen“ (bereits heute wird diese Aufgabe für das Bundesland Hamburg durch die Bundespolizei über eine Verwaltungsvereinbarung wahrgenommen). Der Vorschlag ist der Bundespolizei bekannt, diese hat darauf hingewiesen, dass eine etwaige Entscheidung der Länder, dass die Aufgabe „Todesfallermittlungen“ auf die Bundespolizei übertragen wird, eine gesamthafte Neuausrichtung der Kriminaltechnik und Ermittlungsorganisation, inklusive flächendeckender Einrichtung von Kriminaldauerdiensten, erfordern würde. Zwischen Bundespolizei, Bund und Ländern (gerne mit Unterstützung der DB) ist daher die Umsetzung der Maßnahme im 1. Halbjahr 2023 zu diskutieren und ihre Realisierung zu prüfen. Das BMDV wird hierbei die Federführung in der Koordination der Beteiligten übernehmen.