Welche Zukunft hat der Wintersport im Schwarzwald? Dieser Frage ging ich bei einem Besuch am Feldberg nach. Mit ihrer Expertise standen der Bürgermeister der kleinen Schwarzwald-Gemeinde Feldberg (1.900 Einwohnende), Mitglieder des dortigen Gemeinderates sowie der Geschäftsführer der „Hochschwarzwald Tourismus GmbH“ bereit. Meine Exkursion begann dort, wo auch viele Touristen ankommen: An der Bahnstation „Feldberg Bärental“, der auf knapp 1.000 Meter höchstgelegenen Bahnstation der Republik.
In den letzten Monaten hatte es zahlreiche Meldungen über schwierige Entwicklungen beim Alpinsport rund um den Feldberg gegeben. Nach mehreren schneearmen Wintern drohe die Insolvenz der Feldbergbahn GmbH.[1] Im Winter 2023/2024 soll es zunächst gut gelaufen sein. Dann jedoch musste der Liftbetrieb drei Wochen früher als geplant beendet werden. Von 10 Wintern sollen sieben rote Zahlen geschrieben haben. Besonders hart trifft es die Gemeinde Feldberg, die viel Geld in ein großes Parkhaus investiert hatte. Der heutige Bürgermeister spricht davon, das Parkhaus sei damals falsch finanziert, falsch geplant und falsch platziert worden. Die Gemeinde hatte sich verpflichtet, für eine Mindestauslastung Sorge zu tragen. Das erhöht die Abhängigkeit vom alpinen Skitourismus.[2] Der Bürgermeister geht nicht davon aus, dass die Feldbergbahnen GmbH einen weiteren schlechten Winter überstehen können. Allerdings verfügen die Gemeinden St. Blasien und Feldberg über eigene Lifte, die von einer Insolvenz der Gesellschaft mit ihren fünf Liften nicht betroffen wären. Für diese ist eine verstärkte künstliche Beschneiung im Gespräch.[3] Unter die Skepsis, die auch einer Nachricht der Feldbergbahnen an die Gemeinden zu entnehmen ist, mischt sich immer wieder Optimismus, wenn es einige Wochen gut gelaufen ist und es Anzeichen dafür gibt, dass die Gesellschafter frisches Kapital nachschieben.[4] Der Bürgermeister von St. Blasien kritisierte die aus seiner Sicht zu negative Berichterstattung in einigen Medien.[5]
Doch es gibt objektive Daten über die Winter auf dem Feldberg. Auf dem Gipfel des 1.493 Meter hohen Berges liefert seit 77 Jahren Aufzeichnungen. Bis vor einigen Jahren gab es in allen Wintern mindestens 50 Tage in Folge alle Niederschläge in Form von Schnee. Seit 2018 wer dies in keinem Jahr mehr der Fall. Die durchschnittliche Temperatur steigt und die durchschnittliche Schneehöhe sinkt. Die Jahresdurchschnittstemperatur stieg um rund 1,5 Grad.[6]
Meine Exkursion führte mich mit Bürgermeister, Kommunalpolitik und Tourismus-Geschäftsführer mit der Kabinenbahn hinauf auf den 1.493 Meter hohen Berg. Dort stiegen wir auf den Turm und ich ließ mir die Umgebung erläutern. Zu sehen waren die zahlreichen Skilifte der Umgebung. Im Haus der Natur, 250 Höhenmeter weiter unten, vertieften wir das Gespräch. An Wintertagen kommen bis zu 7.000 Menschen, um am Feldberg Ski zu fahren. Das Parkhaus führt dann wegen der langsamen Beparkung zu langen Rückstaus. Das Busangebot hält der Bürgermeister für stark verbesserungsbedürftig (man brauche mehr, flexiblere und bedarfsabhängigere Busangebote), was sich jedoch wegen der verteilten Zuständigkeit im „Dreilandkreiseeck“ als schwierig erweist. Die Besucherlenkung, so erfahre ich, funktioniert durch Absperrungen und bewusste Platzierung von Attraktionen gut. So bleibt die Natur abseits der Wege und des Feldbergs weitgehend unangetastet.
Streitthema, das wurde im Gespräch einmal mehr deutlich, ist die Zukunft des alpinen Wintersports und insbesondere der Beschneiung. Die jetzige Methode betrachtet der Bürgermeister als ökologisch unsinnig. Ein modernes Beschneiungssystem komme mit weniger Wasser und Energie aus. Mit einer höheren Kunstschneeauflage würden zwei Beschneiungen für den Winter ausreichen. Dagegen stehen der immer noch hohe Wasser- und Stromaufwand und die Kosten. Dafür spricht die hohe Bedeutung des Wintersports für die Arbeitsplätze (65.000–70.000 Arbeitsplätze im Hochschwarzwald hängen insgesamt am Tourismus). Was würde bei einer Insolvenz der Feldbergbahn GmbH und einer Betriebseinstellung geschehen? Dann würden die Lift-Angebote vom Tal her verschwinden und die Strecke würde faktisch kürzer und damit weniger attraktiv werden. Doch die Wertschöpfung des Alpinskis gilt als hoch. Was sind die Alternativen? Im Winter sind es diejenigen, die gerne Schneeschuhwandern. Wandern bietet sich ganzjährig an. Eine neue Kabinenbahn für den Ganzjahresbetrieb, im Gegensatz zur jetzigen in barrierefreier Ausführung und mit größerer Leistungsfähigkeit, wird dafür angedacht. Hinzu kommt der Fahrradtourismus, der schon heute als bedeutsam gilt und als ausbaufähig angesehen wird (ich war selber im Sommer einige Tage zum Radfahren in der Feldbergregion unterwegs). Ein Mountainbike-Konzept befindet sich in der Entwicklung.
Ich war zum vergleichbaren Thema auch in den bayerischen Alpen unterwegs. Siehe https://www.matthias-gastel.de/in-den-alpen-auf-den-spuren-der-klimakrise-rueckzug-des-alpinen-skisports/
[1] Stuttgarter Zeitung vom 29.02.2024
[2] Südkurier vom 16.03.2024
[3] Südkurier vom 01.08.2024
[4] Südkurier vom 05.03.2024
[5] Südkurier vom 02.08.2024
[6] Südkurier vom 07.08.2024 und Antwort des Deutschen Wetterdienstes auf meine Nachfrage