Bahn: Öko, wenn der Strom öko ist

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24.05.2019

Parlamentarische Anfrage

Wie umwelt­freund­lich die Bahn fährt, hängt stark davon ab, dass Die­sel­net­ze durch Elek­tri­fi­zie­rung ver­schwin­den und der Strom ohne Atom und Koh­le erzeugt wird. Mit einem Exper­ten­ge­spräch und einer Par­la­ments­an­fra­ge sind wir der Fra­ge, woher der Strom kommt, auf den Grund gegan­gen.

Der Anteil erneu­er­ba­rer Ener­gien[1] im Bahn­strom­mix der Deut­schen Bahn[2] lag im Jahr 2018 bei 57,2 Pro­zent (Pro­gno­se für Ende 2019: 60 Pro­zent). Die Haupt­quel­le ist Was­ser­kraft. So lie­fer­ten bei­spiels­wei­se Wer­ke an Rhein, Mosel, Ruhr, Main, Donau, Lech, Isar, Inn und vom Eder­see den Strom für die Züge der DB. DB Ener­gie, eine der drei Infra­struk­tur­spar­ten der Deut­schen Bahn, besitzt sel­ber zwei Was­ser­kraft­wer­ke. Seit dem Jahr 2018 fah­ren alle Fern­zü­ge der DB mit Öko­strom. Im Regio­nal­ver­kehr kommt es dar­auf an, dass die Auf­ga­ben­trä­ger Öko­strom in ihren Aus­schrei­bun­gen vor­ge­ben. Der Öko­strom­an­teil bei DB Sta­ti­on & Ser­vice, also bei den Bahn­hö­fen, liegt bei über 50 Pro­zent. Der Anteil der Kern­ener­gie lag im ver­gan­ge­nen Jahr noch bei 9,6 Pro­zent. Koh­le­kraft­wer­ke lie­fer­ten in 2018 genau ein Vier­tel des Strom­be­darfs (18% Stein- und 7% Braun­koh­le). Hier gibt es ein Pro­blem: Für den Strom­be­zug aus dem Koh­le­kraft­werk Dat­teln IV besteht ein Ver­trag, des­sen fest defi­nier­te Lauf­zeit erst mit der Inbe­trieb­nah­me des Kraft­wer­kes begin­nen soll. Der Zeit­punkt für Inbe­trieb­nah­me ist noch völ­lig offen (geplant war das Jahr 2011!). Zum Koh­le­aus­stieg, den auch die DB voll­zie­hen möch­te, heißt es sei­tens des Kon­zerns: „Die DB Ener­gie bemüht sich im Rah­men der recht­li­chen Mög­lich­kei­ten um einen Aus­stieg aus den Strom­lie­fer­ver­trä­gen mit diver­sen Koh­le­kraft­wer­ken“.

Nicht ohne Rele­vanz ist die Reku­per­a­ti­on, also die Strom­rück­ge­win­nung bei Brems­vor­gän­gen. Bei DB Car­go sind alle Loko­mo­ti­ven reku­per­a­ti­ons­fä­hig. Etwa 10 Pro­zent des benö­tig­ten Stroms wer­den auf die­se Wei­se gewon­nen. Im Regio­nal­ver­kehr von DB Regio ver­fü­gen 50 Pro­zent der Loks und der Trieb­zü­ge über Reku­per­a­ti­ons­mög­lich­kei­ten. Sie decken 21 Pro­zent des Strom­be­darfs. Im Fern­ver­kehr kön­nen 95 Pro­zent aller Trieb­zü­ge Strom gewin­nen; die Rück­spei­se­quo­te liegt bei 12 bis 14 Pro­zent.

Was geschieht bei kurz­fris­ti­gen Strom­eng­päs­sen? Dazu heißt es in der Ant­wort an uns: „Dann kann schon heu­te durch Ober­strom­be­gren­zun­gen die Leis­tungs­auf­nah­me der Trieb­fahr­zeu­ge begrenzt wer­den. Im Fal­le einer Gefähr­dung des Gesamt­strom­net­zes kön­nen Züge abge­stellt wer­den, um die Last zu redu­zie­ren. Im Zusam­men­hang mit der schritt­wei­sen Ein­füh­rung des Deutsch­land-Tak­tes wer­den Last­ma­nage­ment und Last­steue­rung nach Ein­schät­zung der DB eine Rol­le spie­len.“

Mein Kom­men­tar:

“Die Ver­grü­nungs­stra­te­gie der Deut­schen Bahn ist hin zum Ziel der voll­stän­di­gen Kli­ma­neu­tra­li­tät gut auf­ge­gleist. Die Schie­ne ist gegen­über ande­ren Ver­kehrs­trä­gern in punc­to Kli­ma­freund­lich­keit nicht zu über­tref­fen und mit wei­te­ren Ver­grü­nungs­maß­nah­men wird sie der pri­mä­re Leis­tungs­trä­ger einer öko­lo­gi­schen Ver­kehrs­wen­de wer­den. Dazu bedarf es aber drin­gend einer kri­ti­schen Begut­ach­tung der­zei­ti­ger Strom­lie­fe­rungs­ver­trä­ge mit Koh­le­kraft­wer­ken, allen vor­an Dat­teln IV. Es darf nicht sein, dass wir von einem Koh­le­aus­stieg bis zum Jahr 2038 spre­chen und die DB gleich­zei­tig ver­trag­lich an Strom­ab­nah­me­ver­trä­ge für Koh­lestrom gebun­den ist, deren vor­aus­sicht­li­che Lauf­zei­ten weit über das Jahr 2040 hin­aus­ge­hen. Die Bun­des­re­gie­rung muss rasch dazu über­ge­hen, die Emp­feh­lun­gen der Koh­le­kom­mis­si­on umzu­set­zen, um der­ar­ti­ge Ver­trä­ge end­lich obso­let zu machen.”

[1] Die DB Ener­gie, die für die Ener­gie­ver­sor­gung zustän­di­ge Infra­struk­tur­spar­te der Deut­schen Bahn, ver­wen­det kei­ne Grün­strom­zer­ti­fi­ka­te für phy­si­ka­li­sche Grün­strom­men­gen, son­dern aus­schließ­lich Strom mit Her­kunfts­nach­wei­sen, wel­che im Her­kunfts­nach­weis­re­gis­ter des Umwelt­bun­des­am­tes geführt wer­den, da kenn­zeich­nungs­fä­hi­ge Grün­strom­men­gen nach Aus­kunft der DB nicht in aus­rei­chen­den Men­gen zur Ver­fü­gung ste­hen.

[2] Die Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men kön­nen sich seit dem Jahr 2014 ihren eige­nen Strom­ver­sor­ger aus­wäh­len. DB Ener­gie ver­sorgt seit­her längst nicht mehr den gesam­ten Bahn­ver­kehr mit Strom. Ins­ge­samt sind 15 Ener­gie­ver­sor­ger im Bahn­sek­tor aktiv.