Bahnverkehr nach Konstanz – Besuch im Stellwerk

Die Erreich­bar­keit von Kon­stanz ist auf dem Was­ser- wie auf dem Schie­nen­weg stark stö­rungs­an­fäl­lig. Die Bahn­ver­bin­dung, die hier unser The­ma sein wird, weist einen unzu­rei­chen­den Aus­bau­zu­stand auf. Zuletzt ist zudem die Pünkt­lich­keits­quo­te deut­lich abge­stürzt. Ent­lang der Stre­cke und vor allem bei einem Besuch im Stell­werk bin ich den Her­aus­for­de­run­gen nach­ge­gan­gen.

Im Qua­li­täts­ran­king des Lan­des lan­de­te die See­has-Stre­cke (Engen – Sin­gen – Radolf­zell – Kon­stanz) zuletzt (zwei­tes Halb­jahr 2023) noch auf dem ganz guten Platz 6 von 32 bewer­te­ten Stre­cken bzw. Net­zen. Sie hat­te aber auch schon den vier­ten Platz belegt. Bei der Pünkt­lich­keit ist sie von 96 bis 97 auf nur noch 91,3 Pro­zent abge­rutscht. Die Schwei­zer Bun­des­bah­nen, die den „See­has“ betrei­ben, errei­chen auf ihren zwei ande­ren Stre­cken gar Pünkt­lich­keits­wer­te von 99 Pro­zent. Dies legt nahe, dass die Pro­ble­me eher nicht beim Ver­kehrs­un­ter­neh­men lie­gen. Viel­mehr dürf­ten von der angren­zen­den Gäu­bahn (Stutt­gart – Sin­gen) vie­le Ver­spä­tun­gen ande­rer Züge in das Netz des See­has „ein­ge­schleppt“ wer­den, die dadurch den Zügen des See­has eben­falls Ver­spä­tun­gen bei­brin­gen. Die Infra­struk­tur auf der See­has-Stre­cke ist nicht geeig­net, um Ver­spä­tun­gen abzu­bau­en – eher dürf­te sie dazu bei­tra­gen, die­se auf­zu­bau­en. Die Stre­cke weist vie­le Hal­te­punk­te (Sta­tio­nen ohne Wei­chen), jedoch weni­ge Bahn­hö­fe auf (Sta­tio­nen mit Wei­chen), was die betrieb­li­che Fle­xi­bi­li­tät ein­schränkt. Zwi­schen Radolf­zell und Peters­hau­sen sind auf einer Län­ge von 18 Kilo­me­tern kei­ne Über­leit­stel­len (Wei­chen) vor­han­den. Zwi­schen Sin­gen und Radolf­zell ist dies auf einer Stre­cken­län­ge von 10 Kilo­me­tern der Fall und zwi­schen Engen und Sin­gen auf 12 Kilo­me­tern. Es kann auf die­sen Stre­cken­ab­schnit­ten also nicht auf das Gegen­gleis gewech­selt wer­den. Zwi­schen Engen und Sin­gen ist gar kein Gleis­wech­sel­be­trieb (Fah­ren auf dem Gegen­gleis) mög­lich. Auf den ande­ren Abschnit­ten kann dies nur unter erheb­li­chen Ein­schrän­kun­gen für den Gegen­ver­kehr rea­li­siert wer­den – und damit nur in beson­de­ren Fäl­len wie bei Bau­stel­len. Hin­zu kom­men lan­ge Block­ab­schnit­te. Dies sind die Stre­cken­ab­schnit­te, auf denen jeweils immer nur ein Zug fah­ren darf. Zwi­schen Engen und Sin­gen kön­nen die Züge bei­spiels­wei­se nur in sehr lan­gen Abstän­den fah­ren. Die Leis­tungs­fä­hig­keit ist damit ein­ge­schränkt. Zwi­schen Radolf­zell und Kon­stanz ist der längs­te Block­ab­schnitt acht Kilo­me­ter lang. Hin­zu kommt ein 1,3 Kilo­me­ter lan­ger ein­glei­si­ger Abschnitt zwi­schen Peters­hau­sen über die See­r­hein­brü­cke nach Kon­stanz.

Bei mei­nem Gespräch mit Fahr­dienst­lei­tern im Stell­werk (inklu­si­ve eines Aus­zu­bil­den­den) konn­te ich die­se und wei­te­re The­men bespre­chen. Es han­delt sich um ein Relais­stell­werk (Lorenz-Tech­nik) aus dem Jahr 1988. Es wird von 4.15 Uhr bis ca. 2 Uhr von meist zwei Per­so­nen bedient. Gere­gelt wird der Abschnitt von Kon­stanz (inklu­si­ve klei­nem Abschnitt auf Schwei­zer Boden) bis Allens­bach mit 340 Zügen pro Tag. In Kon­stanz gibt es sechs Glei­se, drei für den Per­so­nen- und drei für Güter­ver­kehr. Alle sind elek­tri­fi­ziert. Die Kapa­zi­tä­ten sind beschränkt, wes­halb die S‑Bahn aus der Schweiz und die See­has-Züge aus Engen ein Gleis gemein­sam nut­zen. Eine Ver­län­ge­rung der bei­den oder auch einer der Lini­en ist daher nicht mög­lich. Es gibt kei­ne regel­mä­ßi­gen durch­ge­bun­de­nen Per­so­nen­ver­keh­re. Güter­zü­ge fah­ren jedoch zwi­schen Deutsch­land und der Schweiz. Wir spra­chen über die betrieb­li­chen Her­aus­for­de­run­gen. Bestä­tigt wur­de, dass die lan­gen Block­ab­schnit­te Ver­spä­tungs­ri­si­ken in sich ber­gen. Ich sprach auch eine grö­ße­re Stö­rung am Vor­tag an. Wegen eines Unfalls bei Heg­ne war die Stre­cke zwi­schen Radolf­zell und Kon­stanz stun­den­lang gesperrt. Ein Betrieb bis Allens­bach ist in solch einem Fall nicht mög­lich, da Allens­bach kein Bahn­hof, son­dern nur ein Hal­te­punkt ist. Nach den Regel­wer­ken dür­fen dort Züge weder enden noch begin­nen. Kur­ze Infos zu den bei­den benach­bar­ten Stell­wer­ken auf deut­scher Sei­te: Das Stell­werk in Radolf­zell liegt in einem Kno­ten­punkt und ist zustän­dig für die Zug­ver­keh­re nach Allens­bach, Lud­wigs­ha­fen (Boden­see­gür­tel­bahn) und nach Stock­ach (See­häs­le) mit täg­lich 265 Zügen. Ich habe das Stell­werk in Radolf­zell vor eini­gen Jah­ren besucht, sie­he https://www.matthias-gastel.de/ueberblick-ueber-bahnverkehr-am-bodensee/ Sin­gen bil­det eben­falls einen Kno­ten, in dem zudem Güter­zü­ge gebil­det wer­den, die meist in Rich­tung Ita­li­en fah­ren. Hier ver­keh­ren täg­lich 310 Züge.

Nach dem Gespräch im Stell­werk traf ich mich noch mit eini­gen Vertreter*innen aus der Kom­mu­nal­po­li­tik und Mit­glie­dern der Grü­nen zum Aus­tausch am Bahn­über­gang vor dem Bahn­hof. Dabei sprach ich mich erneut für den Erhalt der durch­ge­hen­den Ver­bin­dung an den Stutt­gar­ter Haupt­bahn­hof und gegen eine jah­re­lan­ge Unter­bre­chung aus.

 

Mein Fazit: Die Block­ab­stän­de auf der See­has-Stre­cke müs­sen ver­kürzt wer­den. Per­spek­ti­visch soll­te die Ein­glei­sig­keit in Kon­stanz besei­tigt wer­den. Die Gäu­bahn muss auf wei­te­ren Stre­cken­ab­schnit­ten zwei­glei­sig aus­ge­baut wer­den.

Abschlie­ßen­der HIn­weis: Wir haben die Haus­halts­mit­tel für Inves­ti­tio­nen in die Schie­ne von 2023 auf 2024 um 85 Pro­zent auf 16,4 Mil­li­ar­den Euro mas­siv erhöht. Mit dem Haus­halts­plan 2025 ist eine wei­te­re Erhö­hung auf dann 18 Mil­li­ar­den Euro vor­ge­se­hen – dop­pelt so viel wie für die Stra­ßen.