08.12.2015
Jeder vierte Weg wird in Deutschland zu Fuß zurückgelegt. Entgegen seiner Bedeutung wird der Fußverkehr von der Politik aber leider kaum wahrgenommen. Dies gilt auch – und in besonderer Weise – für die Bundesregierung. Die Antwort aus dem Hause Dobrindt auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen machte dies mehr als deutlich. Sie hat den Fußverkehr nicht auf dem Schirm. Gesetzesinitiativen sind ebenso Fehlanzeige wie spezielle Fördermittel für den Fußverkehr. Notwendige Anpassungen des ordnungsrechtlichen Rahmens unterlässt die Regierung und schiebt Fachgremien die Verantwortung zu. Die ohnehin spärlich besetzte Abteilung, die sich im BMVI mit dem nicht motorisierten Verkehr (Rad- und Fußverkehr) beschäftigt, wurde unter Dobrindt noch weiter zusammengestampft. Und dies, obwohl die Aufgaben zugenommen haben. Gerade mal noch fünf MitarbeiterInnen befassen sich damit (zuvor sechs). Auf die Frage, ob Tempo 30 die Verkehrssicherheit in Städten erhöht, „verfügt die Bundesregierung über keine Erkenntnisse“, obwohl dazu wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Und jedes Kind lernt, dass Bremswege bei geringerer Geschwindigkeit kürzer werden. Um den umweltfreundlichen Fußverkehr zu fördern, muss die Regierung den Kommunen endlich mehr Rechte zugestehen, in ihren Stadtgebieten unkompliziert Tempo 30 ausweisen und Ampelschaltungen fußgängerfreundlich steuern zu können. Dies lehnt der Bund aber leider ab, anstatt die Entscheidungen darüber denjenigen zu überlassen, die am besten über die jeweilige örtliche Situation Bescheid wissen.
Verwundert bin ich auch darüber, dass der Bundesregierung keine Erkenntnisse darüber vorliegen, wie Wege mit Kopfsteinpflaster für Menschen, die auf einen Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind, besser nutzbar gemacht werden können. Sie verweist lediglich auf „Normen und technische Regelwerke“, die den Betroffenen häufig aber nicht weiterhelfen. Die im europäischen Vergleich sehr niedrigen Bußgelder für das Zuparken von Geh- und Radwegen müssen erhöht werden, damit die Geh- und Radwege von den Menschen auch genutzt werden können. In Deutschland wird für das Zuparken von Geh-/Radwegen oder von Behindertenparkplätzen ein Bußgeld von nur 10 bis maximal 35 Euro erhoben. In Österreich sind es bis zu 70 Euro, in der Schweiz 100 Euro und in den Niederlanden gar bis zu 360 Euro. Seitens der Polizei haben wir immer wieder den Wunsch nach Spielräumen für höhere Bußgelder vernommen. Und auch von Feuerwehren wird immer wieder die Forderung an die Politik herangetragen, das Parken in zweiter Reiher wirkungsvoller zu sanktionieren, um die Behinderung von Rettungsfahrzeugen zu verringern. Der Bund aber verwies in der Antwort auf die Anfrage lediglich auf eine frühere Kleine Anfrage der Grünen, in der ein höheres Bußgeld bereits abgelehnt wurde.
Dass im Umgang mit neuen Mobilitätstrends wie E‑Wheels (Elektroeinrad), E‑Skateboards und Segways Einschätzungs- und ggf. Regelungsbedarf besteht, sieht auch die Bundesregierung. Sie hat, antwortet sie auf unsere Fragen, daher die Bundesanstalt für Straßenwesen beauftragt, sich einen Marktüberblick zu verschaffen. Die rechtlichen Unklarheiten bei der Nutzung neuer Mobilitätsformen müssen so schnell wie möglich ausgeräumt werden.
Hier geht’s zur Kleinen Anfrage und den Antworten der Bundesregierung: KA Fußverkehr