Drei Tage zu Fuß durch meinen Wahlkreis

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10.07.2019

Besuche in Wasserkraftwerk, Imkerei, Steinbruch und mehr …

Über eini­ge hun­dert Meter zieht sich etwas ober­halb des natür­li­chen Bach­laufs der Lau­ter ein Kanal hin. Des­sen Was­ser treibt in Det­tin­gen unter Teck die Tur­bi­nen von zwei klei­nen Was­ser­kraft­wer­ken an.

Die eine wird von Rein­fried Kirch­ner betrie­ben und stammt aus dem Jahr 1908. Im Gebäu­de sieht es aus wie in einem Tech­nik­mu­se­um. Denn vie­les aus ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten ist erhal­ten wor­den, teil­wei­se sogar noch in Betrieb. Zwei Tur­bi­nen mit einer Gesamt­leis­tung von 60 kW erzeu­gen im Jahr etwa 250.000 Kilo­watt­stun­den Strom. Gebaut wor­den war das Kraft­werk für die Strom­ver­sor­gung der ehe­mals benach­bar­ten Tuch­fa­brik und Fär­be­rei. Seit der Auf­ga­be die­ses Unter­neh­mens wird der Strom ins Netz ein­ge­speist. Eini­ge Stein­wür­fe wei­ter unter­halb betreibt Gott­lob Hum­mel ein wegen etwas grö­ße­rer Fall­hö­he leis­tungs­stär­ke­res Was­ser­kraft­werk (80 kW), das in einem Durch­schnitts­jahr etwa 300.000 Kilo­watt Strom erzeugt. Ein klei­ner Teil wird für die haus­ei­ge­ne Bren­ne­rei ver­wen­det, der Rest wird ins Netz ein­ge­speist. Die Gesamt­strom­men­ge an Strom reicht rech­ne­risch, um den Strom­be­darf von 200 Durch­schnitts­fa­mi­li­en zu decken. Die Betrei­ber bei­der Anla­gen erhal­ten von den EnBW 12,6 Cent pro ein­ge­speis­ter Kilo­watt­stun­de. Die Klein­was­ser­kraft­wer­ke lau­fen etwa 360 Tage im Jahr und gel­ten damit als grund­last­fä­hig – wenn­gleich die Strom­men­ge in Abhän­gig­keit von der Was­ser­men­ge schwankt. Etwas erschro­cken war ich von den Men­gen an Kunst­stoff­ab­fäl­len, die aus dem Bach und dem Kanal gezo­gen wur­den. In nur acht Wochen wur­den meh­re­re Kör­be über­wie­gend mit Plas­tik­fla­schen gesam­melt.

Nach der Kraft­werks­be­sich­ti­gung bin ich mit dem Betrei­ber noch den Kanal auf­wärts gelau­fen und habe mir den Ver­lauf des geplan­ten Fisch­auf­stiegs zei­gen las­sen. Vor­bei am Was­ser­schlöss­le mit sei­nem mar­kan­ten Turm, in dem eben­falls mit der Kraft des Lau­t­er­was­sers Strom erzeugt wird, ging es wei­ter nach Owen. Dort muss­te ich fest­stel­len, dass bei­de Restau­rants geschlos­sen haben. Mir blieb nur eine klei­ne Mög­lich­keit zur Stär­kung beim Bäcker, bevor ich den Auf­stieg auf den Teck­berg in Angriff nahm. Über­rascht war ich, wie lan­ge noch der Lärm von der Stra­ße zu hören war, als ich längst weit oben über dem Tal war. Der Weg führ­te mich vor­bei an der Rui­ne Rau­ber, die ich mir anschau­te, nach Bis­sin­gen-Och­sen­wang, wo der ers­te Tag ende­te. Mit dem Wirts­paar unter­hielt ich mich noch eine Wei­le über die Situa­ti­on in der Gas­tro­no­mie. Den Abend schloss ich mit einem klei­nen Spa­zier­gang auf den höchs­ten Punkt des Ortes (830 Meter).

Der zwei­te Tag begann bei strah­len­dem Son­nen­schein, aber (zum Lau­fen ange­nehm) nied­ri­ger Tem­pe­ra­tur. Über den Kunst- und Akti­ons­pfad der Zie­gel­hüt­te, einer Kin­der- und Jugend­hil­fe­ein­rich­tung, vor­bei am Ran­de­cker Maar ging es nach Schopf­loch, einem Orts­teil der Gemein­de Len­nin­gen auf der Alb­hoch­flä­che.

Mit die­sem Fahr­zeug kön­nen sich Men­schen mit inkom­plet­ter Läh­mung mit­tels Wal­king­stö­cken sport­lich fort­be­we­gen.

Dort befin­det sich die „Pfulb“, vie­len als Win­ter­sport­ort mit zwei Ski­lif­ten bekannt. Das Are­al, bestehend aus einer Hüt­te und den Lif­ten, wur­de von Gabi Kaz­mei­er auf­ge­kauft, die dort mit zwei Mitstreiter*innen ein inklu­si­ves Bewe­gungs­zen­trum für sport­be­geis­ter­te Men­schen mit und ohne Behin­de­rung auf­baut. Die Son­der­päd­ago­gin hat die­ses Ziel mit viel Aus­dau­er und Hart­nä­ckig­keit ver­folgt. Die Ski­lif­te sind im ver­gan­ge­nen Win­ter, nach­dem sie eine Sai­son außer Betrieb waren, wie­der gelau­fen. Den Schwer­punkt bil­det neben dem Ski- der Fahr­rad­sport. Es gibt Roll­stüh­le auf Ski­ern, Hand­bikes und Tan­dems für gemein­sa­me Fahr­ten von blin­den mit sehen­den Men­schen. Ange­bo­ten wer­den aber auch Wan­de­run­gen und Nor­dic-Wal­king. In der Hüt­te wer­den die Gäs­te bewir­tet. Ziel ist es letzt­lich, ganz­jäh­rig Sport­an­ge­bo­te lau­fen zu las­sen und Arbeits­plät­ze für Men­schen mit Behin­de­rung zu schaf­fen. Dabei wird mit dem Behin­der­ten­sport­ver­band und Ein­rich­tun­gen aus der Behin­der­ten­hil­fe der Umge­bung koope­riert. Eine schö­ne Idee, der ich viel Erfolg wün­sche!

Vom Berg ging es hin­ab ins Tal durch Guten­berg und ent­lang des Lau­ter-Kanals nach Ober­len­nin­gen. Dort schau­te ich mir die Imke­rei von Bernd Epp­le an. Er hat 20 Wirt­schafts­völ­ker. Ein Groß­teil davon befand sich an den Kirch­hei­mer Bür­ger­seen, um sich im Wald an Fich­ten und ande­ren Nah­rungs­quel­len zu laben. In den meis­ten Jah­ren wer­den vier Honig­sor­ten, dar­un­ter Apfel­blü­ten- und Wald­ho­nig, pro­du­ziert. Ver­kauft wird der Honig unter ande­rem in Hof­lä­den und auf Weih­nachts­märk­ten.

Gestärkt von süßen „Ver­su­cher­le“ ging es für mich wie­der hin­auf auf die Alb, dies­mal nach Len­nin­gen-Hoch­wang. Nach dem Ein­che­cken in der Pen­si­on und dem Umzie­hen lief ich nach Erken­b­rechts­wei­ler, um bei der Ein­set­zung des neu­en Gemein­de­ra­tes dabei zu sein. Ursprüng­lich hat­te ich ein Bür­ger­ge­spräch am Grill­platz geplant, woll­te aber kei­ne Kon­kur­renz­ver­an­stal­tung machen. Auch die Son­der­sit­zung des Gemein­de­ra­tes bot vie­le Mög­lich­kei­ten für Gesprä­che, so mit dem Bür­ger­meis­ter, neu gewähl­ten und aus­ge­schie­de­nen Gemein­de­rats­mit­glie­dern und Ver­tre­tern der Feu­er­wehr.

Bevor ich zum drit­ten Wan­der­tag auf­brach, sprach ich mit dem Ein­zel­händ­ler am Über­nach­tungs­ort noch über das Über­le­ben des Lebens­mit­tel­ein­zel­han­dels in klei­nen Orten. Dass vie­le nicht nur aus­wärts arbei­ten, son­dern dort zugleich auch ein­kau­fen, macht das wirt­schaft­li­che Über­le­ben wich­ti­ger Infra­struk­tur nicht ein­fa­cher. Am Ende sind es vor allem die älte­ren Men­schen, die dar­un­ter lei­den, wenn Ange­bo­te wie Bäcke­rei­en, Lebens­mit­tel­ge­schäf­te oder Post­fi­lia­len schlie­ßen.

Zurück zu mei­ner Wan­de­rung: Auch der letz­te Tag bot mir aller­lei inter­es­san­te Sta­tio­nen und Begeg­nun­gen. Dies­mal hat­te ich durch­ge­hend Beglei­tung.

Los ging es mit einem Besuch im Stein­bruch Bau­er in Erken­b­rechts­wei­ler, einem Fami­li­en­be­trieb, der noch einen zwei­ten Stein­bruch in Gra­ben­stet­ten betreibt. Es wer­den Trag­schich­ten für den Straßen‑, Wege- und Bahn­bau, Gestei­ne für die Beton- und Asphalther­stel­lung und Stei­ne für den Fluss­bau (Ufer­be­fes­ti­gun­gen) sowie als Kalk­dün­ger gebro­chen und ver­ar­bei­tet. Für den Bau von Schie­nen­we­gen wer­den Gleis­schot­ter sowie Mate­ria­li­en für fes­te Fahr­bah­nen ange­bo­ten. Alle Bau­ma­te­rie­ali­en kön­nen direkt auf die Bau­stel­len gelie­fert wer­den. Aktu­ell wird bei­spiels­wei­se das Mate­ri­al für die Tüb­bin­ge, das sind Beton­scha­len für den Tun­nel­bau, im Bos­ler­tun­nel (Neu­bau­stre­cke Wend­lin­gen-Ulm) gelie­fert. Einen Teil des 42 Hekt­ar gro­ßen Gelän­des, das zu etwa einem Drit­tel wie­der rekul­ti­viert wur­de, konn­ten wir bei einer Rund­fahrt anschau­en. Zur Rekul­ti­vie­rung: Nach Ende der Nut­zung wird das Gelän­de bei­spiels­wei­se mit Aus­hub­ma­te­ri­al aus dem Tun­nel­bau wie­der auf­ge­füllt und mit Humus als Ober­schicht wie­der mög­lichst nahe in den Ursprungs­zu­stand zurück­ver­setzt.

Vom Stein­bruch aus ging es über einen wun­der­ba­ren Aus­sichts­punkt am Alb­trauf zum Hohen­neuf­fen, wo wir zu Mit­tag aßen und ein letz­tes Mal auf die­ser Wan­de­rung ins Tal hin­ab­stie­gen. In Fri­cken­hau­sen-Lin­sen­ho­fen besuch­ten wir den Win­zer Hel­mut Dol­de, mit dem wir ein Gläs­chen „Lin­sec­co“ tran­ken und uns neben­bei über Wein­bau unter­hiel­ten. 10.000 Fla­schen mit neun ver­schie­de­nen Wei­nen erhal­ten pro Jahr das Eti­kett mit der Auf­schrift „Dol­de“. Die­se wer­den über­wie­gend direkt ver­mark­tet. Ich ler­ne, dass Wei­ne aus Höhen­la­gen, in denen es nachts stär­ker abkühlt, beson­ders viel Säu­re ent­hal­ten und einen posi­ti­ve­ren Nach­ge­schmack im Mund ent­fal­ten.

Mit einem sol­chen posi­ti­ven Nach­ge­schmack ende­te mei­ne Drei-tages-Wan­de­rung. Es war mei­ne inzwi­schen elf­te (!) seit 2013. Aber sicher nicht die letz­te.