Zweitägige Exkursion ins Braunkohle-Tagebaugebiet Garzweiler

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24.01.2014

Vom gro­ßen Scha­den und gerin­gen Nut­zen des Braun­koh­le-Tage­baus

Rück­blick und Aus­blick nach zwei Tagen des Unter­wegs-Seins im Braun­koh­le-Tage­bau­ge­biet Garz­wei­ler (west­lich von Köln): Unse­re Grup­pe, bestehend aus sie­ben Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten der Grü­nen, sprach mit Umwelt­schüt­zern, Umsied­lern, einem Berg­scha­dens­ex­per­ten und Ver­tre­tern von RWE. Die vie­len gewon­ne­nen Ein­drü­cke sind prä­gend und wer­den so schnell nicht ver­ges­sen. Der Tage­bau greift mas­siv in die Land­schaft ein. Allei­ne für Garz­wei­ler wurden/werden 3.000 Hekt­ar Flä­che bis zu 200 Meter tief abge­tra­gen. Im Tage­bau und in der Regi­on rings­um muss dafür das Grund­was­ser per­ma­nent abge­pumpt wer­den, um die Gru­be nicht voll­lau­fen zu las­sen. An zahl­rei­chen Gebäu­den in der Umge­bung tre­ten dadurch Schä­den auf. Nicht weni­ge von ihnen müs­sen sich lan­ge mit RWE um die Scha­dens­be­he­bung bzw. Ent­schä­di­gung strei­ten. Noch schlim­mer kommt es für die Men­schen, deren Dör­fer dem Tage­bau im Wege sind. Wir haben Borsche­mich besucht. Der Ort hat­te einst rund 800 Ein­woh­ner. Jetzt sind es noch 50. An den meis­ten Häu­sern sind die Roll­lä­den geschlos­sen oder die Fens­ter mit Bret­tern zuge­na­gelt. Gebäu­de und Gär­ten wuchern zu. Aus vie­len Stra­ßen und Wegen sprießt Grün. Häu­ser zer­fal­len. Der Tage­bau ist bis auf 300 Meter an den Ort her­an­ge­rückt. Das Dröh­nen der Rie­sen­bag­ger ist über­all zu hören. Kaum mehr jemand ver­irrt sich hier­her. Alles wirkt gespens­tisch. Wir haben mit eini­gen der letz­ten Bewoh­ner des Ortes gespro­chen. So mit einem Mann, der ein gro­ßes, statt­li­ches Haus, bes­ser ein klei­nes Schloss mit eins­ti­gem Was­ser­gra­ben drum her­um, bewohnt. Für die­ses Haus kann es kei­nen adäqua­ten Ersatz geben. Dem Mann ist die Ver­zweif­lung deut­lich anzu­mer­ken. Und wir besu­chen zwei Brü­der, die eine Gärt­ne­rei betrei­ben. Auch sie wol­len nicht weg. Es ist ihre Hei­mat. Eine geeig­ne­te Ersatz­flä­che zu fin­den ist schwie­rig. Was den betrof­fe­nen Men­schen zuge­mu­tet wird scho­ckiert nicht nur mich. Inter­es­sant ist, dass eine teil­wei­se Wie­der­her­stel­lung der Tage­bau­flä­che durch Auf­fül­lung mit Aus­hub­ma­te­ri­al tat­säch­lich gelingt. Mit angeb­lich nur gerin­gen Ver­lus­ten bei der Boden­wer­tig­keit wird dar­auf wie­der Land­wirt­schaft betrie­ben. Aber wofür das alles? Für die auf­wen­di­ge För­de­rung von Braun­koh­le, die zu 60 Pro­zent aus Was­ser besteht. Dafür, dass die­se mit mas­si­ven CO2-Emis­sio­nen in Kraft­wer­ken mit Wir­kungs­gra­den von 30 (alte Anla­gen) bis 43 Pro­zent (neue Anla­gen) ver­stromt wird. RWE betont in Bro­schü­ren immer wie­der, dass die neu­en Braun­koh­le­kraft­wer­ke genau­so fle­xi­bel wie moder­ne Gas­kraft­wer­ke hoch- und her­un­ter­ge­fah­ren wer­den könn­ten – ganz ent­spre­chend des Bedar­fes auf dem Strom­markt. Auf unse­re Nach­fra­ge muss­te RWE aber ein­räu­men, dass dies nur sel­ten gesche­he. Meist lau­fen die Braun­koh­le­kraft­wer­ke also auch dann auf Hoch­tou­ren, wenn viel Strom aus Wind und Son­ne ver­füg­bar ist. Was wir aber in Ergän­zung des Stroms aus erneu­er­ba­ren Quel­len brau­chen sind fle­xi­ble Kom­bi-Kraft­wer­ke! Und genau dafür sind die Braun­koh­le­an­la­gen ganz offen­kun­dig nicht geeig­net. Die RWE-Braun­koh­le­kraft­wer­ke sind im Durch­schnitt 41 Jah­re alt. Ein gutes Alter, um sie all­mäh­lich vom Netz zu neh­men und mehr und mehr auf die Erneu­er­ba­ren zu set­zen. Ich jeden­falls weiß nach zwei Tagen in Garz­wei­ler noch genau­er, woher ich mei­nen Strom nicht bezie­hen möch­te!

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