08.01.2023
Photovoltaik auf Freiflächen
Erst wurde in der Halle diskutiert, dann fuhr eine Busladung interessierter Menschen ins Umland, um sich das Diskussionsobjekt draußen in zwei Versionen anzuschauen: Bei den Naturschutztagen in Radolfzell ging es auch um Photovoltaik auf Freiflächen.
Seit langer Zeit finden in Radolfzell am Bodensee gleich zu Jahresbeginn die Naturschutztage statt. Veranstaltet werden sie gemeinsam von den BUND- und Nabu-Landesverbänden Baden-Württemberg. Einige hundert Gäste versammeln sich, hören Vorträge, beteiligen sich an Diskussionen, vernetzen sich – und gehen auf Exkursionen. Immer wieder habe ich die Naturschutztage besucht, mich informiert und Gelegenheiten für Gespräche genutzt. In diesem Jahr war ich erstmals auf einer der Exkursionen dabei. Zuvor hatte es im Plenum in der Halle eine lebhafte Debatte um Photovoltaik auf Freiflächen gegeben, in der immer wieder die Konflikte mit der Landwirtschaft und der Erzeugung von Lebensmitteln angesprochen wurden. Etwas später konnten sich einige der Teilnehmenden ein Bild draußen machen.
Variante 1 gab es bei Stockach zu sehen: Links und rechts der Bahnstrecke sind auf 16 Hektar Fläche Module knapp über dem Boden aufgeständert. Zuvor waren hier Äcker. Seit 2012 ist die 4,5 Megawattpeak-Anlage in Betrieb. Initiiert wurde sie von der Solarkomplex AG, einer Bürgergesellschaft. Statt Mais, der hier früher häufig wuchs, wurden Blumenwiesen ausgesät. Einmal jährlich wird diese gemäht und als Futtergras verwendet. Ein örtlicher BUND-Vertreter berichtete, auf der Fläche seien häufig Greifvögel und Störche zu sehen, da es viele Mäuse gebe, die hier nicht bekämpft würden. Zudem seien in den nassen Wiesen auch Amphibien zuhause. Die Anlage wurde nach dem damaligen Diskussionsstand, den damaligen Erkenntnissen und den damaligen Möglichkeiten vorbildlich angelegt worden. Heute würde man einiges anders machen. Ein Beispiel: Man würde die (leistungsfähigeren) Module enger stellen und die Fläche besser ausnutzen, um auf gleicher Fläche mehr Strom zu erzeugen.
Variante 2 führte uns zum Heggelbacher Demeter-Hof in Herdwangen-Schönach. Auf einer Anhöhe von 650 Metern ist ein Acker auf einer Versuchsfläche von 0,5 Hektar mit PV-Modulen überspannt. Diese befinden sich in einer Höhe von 4,50 Metern Höhe, so dass darunter Ackerbau betrieben und mit Mähdreschern gefahren kann. Die Module sind weit auseinander, um genügend Licht (mindestens 60 Prozent) auf den Boden kommen zu lassen. Auf die Ernten kann sich der „Überbau“ dahingehend auswirken, dass in „normalen“ Jahren die Ernte um 8–15 Prozent geringer ausfällt. In Dürrejahren hingegen fällt sie höher aus, da die Sonne den Boden nicht ganz so stark austrocknet. Ein Nachteil der Anlage ist sicherlich der hohe Einsatz von Material (hohe Stützen, Verankerungen, Querstrebungen). Interessant finde ich, dass es keine Betonfundamente gibt, sondern die Anlage mit „Spinnankern“ gesichert wurde. Das sind Metall“arme“, die wie Wurzeln in den Boden getrieben wurden und sich beim Rückbau der Anlage wieder hinaus ziehen lassen sollen. Es handelt sich um eine Fraunhofer-Pilotanlage.
Immer wieder betont wurde, dass die Dachflächen zwar noch große Potentiale für Photovoltaik-Nutzungen bieten würden, jedoch nicht ausreichen würden, um den Bedarf zu decken. Daher müsse auch auf Flächen wie Parkplätze – oder eben landwirtschaftliche Flächen – gesetzt werden.