Persönliche Erklärung zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung

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15.12.2016

Die nach­fol­gen­de per­sön­li­che Erklä­rung mei­ner Frak­ti­ons­kol­le­gin Syl­via Kot­ting-Uhl zur heu­ti­gen Abstim­mung über die Ver­ant­wor­tung der kern­tech­ni­schen Ent­sor­gung habe ich mit­ge­zeich­net:

Per­sön­li­che Erklä­rung zum Ent­wurf eines Geset­zes zur Neu­ord­nung der Ver­ant­wor­tung in der kern­tech­ni­schen Ent­sor­gung

Per­sön­li­che Erklä­rung nach § 31 der Geschäfts­ord­nung des Deut­schen Bun­des­ta­ges zur nament­li­chen Abstim­mung zur zwei­ten und drit­ten Bera­tung des Ent­wurfs eines Geset­zes zur Neu­ord­nung der Ver­ant­wor­tung in der kern­tech­ni­schen Ent­sor­gung:

Jahr­zehn­te­lang haben die vier gro­ßen Ener­gie­kon­zer­ne in Deutsch­land mit der Pro­duk­ti­on von Atom­strom Mil­li­ar­den ver­dient und gleich­zei­tig Unmen­gen an radio­ak­ti­vem Müll pro­du­ziert, der nach­fol­gen­de Gene­ra­tio­nen noch lan­ge belas­ten wird.

Der Gesetz­ent­wurf zur Umset­zung der Kom­mis­si­on zur Finan­zie­rung des AKW-Rück­baus und der Atom­müll­end­la­ge­rung (KFK) kommt zu spät und er über­trägt das Risi­ko der letzt­lich unab­seh­ba­ren Kos­ten­stei­ge­run­gen im wei­te­ren Umgang mit dem Atom­müll an die Steuerzahler*innen. Der Gesetz­ent­wurf zur Umset­zung der KFK-Emp­feh­lun­gen stellt aber auch sicher, dass die Atom­kon­zer­ne für die Besei­ti­gung des hoch­ge­fähr­li­chen Atom­mülls zah­len. Für Stil­le­gung und Rück­bau wer­den die Unter­neh­men bis 2040 rund 60 Mil­li­ar­den Euro auf­wen­den müs­sen. Ihre Rück­stel­lun­gen dafür wer­den sie künf­tig trans­pa­rent mit liqui­den Mit­teln unter­le­gen müs­sen. Dies wird von Bun­des­re­gie­rung und Bun­des­tag über­prüft. Ihre Rück­stel­lun­gen von bis­her gut 17 Mil­li­ar­den für die Finan­zie­rung von Zwi­schen- und End­la­ge­rung des Atom­mülls müs­sen die Kon­zer­ne an den Staat in bar über­tra­gen. Hin­zu kommt ein Risi­ko­auf­schlag von 35 Pro­zent, um künf­ti­ge Risi­ken abzu­de­cken, es wird also ein 24 Mil­li­ar­den star­ker öffent­lich-recht­li­cher Fonds gebil­det. Damit wird dem Risi­ko der Steuerzahler*innen, bei Insol­venz oder Unter­neh­mensum­bil­dung der Kon­zer­ne die gesam­ten anfal­len­den Atom­müll­kos­ten tra­gen zu müs­sen, begeg­net.

Im Zuge der Debat­te um den Gesetz­ent­wurf konn­ten die Atom­kon­zer­ne dazu bewegt wer­den, die meis­ten ihrer Kla­gen im Atom­sek­tor zurück­zu­zie­hen. Die bei­den Kla­gen mit dem tat­säch­lich rele­van­ten Finanz­vo­lu­men blei­ben aller­dings bestehen: die Kla­ge gegen die Brenn­ele­men­te­steu­er und die Kla­ge Vat­ten­falls vor dem Washing­to­ner Schieds­ge­richt ICSID. Soll­ten die­se erfolg­reich sein, könn­ten sich die Kon­zer­ne dar­über bis zur Hälf­te ihrer Ein­zah­lun­gen in den Ent­sor­gungs­fonds wie­der zurück­ho­len.

Mit dem Urteil der ver­gan­ge­nen Woche hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in höchst­rich­ter­li­cher Instanz der Kla­ge der EVU gegen den Atom­aus­stiegs­be­schluss von 2011 eine kla­re Absa­ge erteilt. Das lässt ver­mu­ten, dass es sich auch bei der Kla­ge gegen die Brenn­ele­men­te­steu­er nicht dem Rechts­ver­ständ­nis der Atom­kon­zer­ne anschließt. Wir hal­ten aber nicht nur die bis­he­ri­ge Erhe­bung der Brenn­ele­men­te­steu­er für rech­tens, son­dern auch ihre Fort­füh­rung solan­ge die AKWs lau­fen. Die finan­zi­el­le Betei­li­gung der Atom­kon­zer­ne z.B an den Sanie­rungs­kos­ten der Asse wird über die Brenn­ele­men­te­steu­er gewähr­leis­tet und eine sol­che Betei­li­gung ist abso­lut sach­ge­recht.

Die zwei­te finanz­re­le­van­te Kla­ge ist die von Vat­ten­fall vor dem Inter­na­tio­na­len Schieds­ge­richt ICSID. Es ist unwahr­schein­lich, dass sich das Schieds­ge­richt in Washing­ton die Rechts­auf­fas­sung unse­res Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zuei­gen macht, gel­ten doch vor Schieds­ge­rich­ten vor allem die Inter­es­sen und Inves­ti­tio­nen von Unter­neh­men als Leit­li­ni­en des Rechts­emp­fin­dens. Poli­tisch hat Vat­ten­fall kei­ner­lei Begrün­dung mehr, Kla­ge vor die­sem Inter­na­tio­na­len Schieds­ge­richt zu füh­ren, das für die Fäl­le instal­liert wur­de, in denen natio­na­le Gerich­te einem Inves­tor kei­ne Gerech­tig­keit wider­fah­ren las­sen. Das BVerfG hat Vat­ten­fall mit sei­nem Urteil bereits Gerech­tig­keit wider­fah­ren las­sen.

Der Auf­trag an die Bun­des­re­gie­rung mit der Ver­ab­schie­dung des Geset­zes zur Neu­ord­nung der Ver­ant­wor­tung in der kern­tech­ni­schen Ent­sor­gung ist also klar: Sie muss dafür Sor­ge tra­gen, dass auch die­se Kla­gen zurück­ge­nom­men wer­den. Das ist sie dem ver­spro­che­nen Rechts­frie­den schul­dig. Dabei kann sie auf unse­re Unter­stüt­zung zäh­len.

Gera­de als grü­ne Abge­ord­ne­te, die immer gegen die unver­ant­wort­li­che Nut­zung der Atom­kraft gekämpft haben, ste­hen wir auch für das Suchen nach ver­ant­wort­li­chen Lösun­gen der Pro­ble­me, die uns nach Abschal­ten der Atom­kraft­wer­ke blei­ben. Die­ses Gesetz ist eine Not­ope­ra­ti­on, weil es zu spät kommt. Es ret­tet was zu ret­ten ist und schützt damit die Steuerzahler*innen vor noch grö­ße­ren Risi­ken. Des­halb stim­men wir ihm zu.