Oben PV, unten Äpfel
Wenn wir die Energiewende mit vollständiger Stromversorgung aus Erneuerbaren schaffen wollen, dann reicht – neben dem massiven Ausbau von Windenergie und Leitungsnetzen – die Bestückung von Dächern mit Photovoltaik-Modulen alleine nicht aus. Es braucht auch „Agri-PV“, also Photovoltaik auf Feldern und Wiesen.
Ein Beispiel, das keinen zusätzlichen Flächenverbrauch darstellt und völlig problemlos mit den Interessen der Landwirtschaft im Einklang steht, ist in Kressbronn am Bodensee (Bodenseekreis) zu finden. Obstbauer Hubert Bernhard hat auf einer Fläche von 0,4 Hektar seine Obstbäume mit PV-Modulen „überdacht“. Die Module befinden sich auf einer Höhe von 3,60 bis 4,20 Meter. Die Verankerung der über zwei Meter tief in den Boden gerammten Stützen erfolgte ohne Beton. In den ersten 12 Monaten der noch ziemlich neuen Anlage lag der Ertrag bei 240.000 Kilowattstunden. Dies entspricht dem Bedarf von rund 70 Haushalten. Auf dem Grundstück sind zwei Modultypen verbaut worden, die 40 bzw. 50 Prozent Lichtdurchlass bieten. Ertragseinbußen seien nicht zu beklagen, obwohl Apfelkulturen viel Licht bräuchten. Im Gegenteil, es gebe sogar Vorteile für die Pflanzen und ihre Früchte: Weil die niederstämmigen Bäume trocken gehalten werden, käme es zu weniger Pilzkrankheiten und es müssten weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Weil aber Regenwasser nur dorthin gelangen könne, wo die Bäume keine Wurzeln hätten, müssen die Bäume künstlich bewässert werden. Damit könne man wegen der reduzierten Verdunstung aber sparsam sein. Weiterer Vorteil für den Obstbau: Da es unter der Abdeckung wärmer sei, gebe es im Frühjahr während der Obstblüte ein geringeres Frostrisiko. Letztlich, so Obstbauer Bernhard, verschaffe der Solarstrom seinem Betrieb ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein. Der Obstbau sei ein sehr unsicheres Geschäft. Er würde gerne auf einer größeren Fläche PV-Module installieren lassen. Dafür sehe er momentan zwei Hürden: Der unzureichende Netzanschluss und die Einspeisevergütung, die um etwa drei Cent zu niedrig sei. Wenn er PV-Module über jungen Bäumen spannen würde, dann würde er diese niedriger halten, wodurch auch die Module in etwas geringerer Höhe installiert werden müssten. Junge Bäume würden zudem ihre Wurzeln so ausbilden, dass diese das Regenwasser in den Zwischengängen besser erreichen könnten.
Hintergrund-Infos zum Betrieb:
Es handelt sich um einen konventionellen Betrieb, der auf Obstbau spezialisiert ist. Zur Bekämpfung der Blutlaus werden erfolgreich Ohrenzwicker eingesetzt. Neben den Äpfeln werden noch geringe Mengen an Beeren angebaut. Dies werde aufgrund des Mangels an Erntehelfern und dem Mindestlohn immer schwieriger.
Zudem wird die Sorte Tettnanger Aromahopfen produziert. Hier, so erfuhr ich, macht sich die Klimakrise besonders bemerkbar. Dem Hopfen werde es mehr und mehr zu warm. Der Vertrieb der Äpfel erfolgt weit überwiegend über den Großhandel. Die kleinen Mengen an Beeren werden vor allem im eigenen Hofladen verkauft.
Vertieftes Gespräch
Anschließend an den Lokaltermin auf dem Apfelfeld traf ich mich mit meiner Fraktionskollegin Anne-Monika Spallek und dem örtlichen Landtagsabgeordneten Martin Hahn sowie Fachleuten aus dem Obstbau zum Mittagessen. Mit dabei waren auch Obstbauer Hubert Bernhard, Vertreter der Stiftung Kompetenzzentrum Obstbau (Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis mit Versuchsanbau) sowie Vertreter einer Vertriebsgesellschaft.