Warum E‑Fuels kein Allheilmittel sind

10.07.2022

Schräge Debatte um Verbrenner-Aus

Im Vor­feld des Beschlus­ses für das „Ver­bren­ner-Aus“[1] auf EU-Ebe­ne gab es ein­mal mehr sehr schrä­ge Debat­ten dar­über, ob sich die Ver­bren­ner-Tech­nik durch den Ein­satz sog. „E‑Fuels“ ret­ten lässt. Hier eine Über­sicht über die Argu­men­te.

E‑Fuels sind auf Basis der Elek­tro­ly­se her­ge­stell­te „strom­ba­sier­te Kraft­stof­fe“. Die­se wei­sen so ähn­li­che Eigen­schaf­ten mit Ben­zin, Die­sel oder Kero­sin auf, dass sie in den ent­spre­chen­den Moto­ren ein­ge­setzt wer­den kön­nen. Der Pfer­de­fuß: Es wird extrem viel Strom benö­tigt, der Wir­kungs­grad ist gering. Mit einer vor­de­fi­nier­ten Men­ge an Strom fährt ein bat­te­rie­elek­tri­sches Auto erheb­lich wei­ter als eines mit Ver­bren­nungs­mo­tor, das mit E‑Fuels betankt wur­de. E‑Fuels wer­den zudem noch lan­ge Zeit, viel­leicht auch dau­er­haft, sehr viel teu­rer sein als die für ein bat­te­rie­elek­tri­sches Auto benö­tig­te (gerin­ge­re) Men­ge an Strom.

Nach­fol­gend eini­ge Quel­len, die die­se an sich unstrit­ti­gen, aber lei­der oft aus­ge­blen­de­ten Tat­sa­chen stüt­zen.

„Durch die bei der Her­stel­lung des strom­ba­sier­ten Flüs­sig­kraft­stoffs ein­her­ge­hen­den Umwand­lungs­ver­lus­te ergibt sich heu­te bei der Pro­duk­ti­on ein Wir­kungs­grad von etwa 44 Pro­zent. Zusätz­li­che Ver­lus­te erge­ben sich bei der Ver­bren­nung, sodass der Gesamt­wir­kungs­grad bei der Ver­wen­dung von strom­ba­sier­ten Flüs­sig­kraft­stof­fen in einem Pkw mit Ver­bren­nungs­mo­tor etwa 13 Pro­zent beträgt. Das bedeu­tet, dass 13 Pro­zent der ein­ge­setz­ten elek­tri­schen Ener­gie in die Bewe­gung des Fahr­zeugs umge­setzt wer­den.“ Quel­le: Bun­des­tags-Druck­sa­che 19/8742

Lt. Micha­el Ster­ner, Pro­fes­sor in Regens­burg, der das Power-to-Gas-Ver­fah­ren mit­ent­wi­ckelt hat: Gesamt­wir­kungs­grad von nur etwa 20 bis 30 Pro­zent, hin­ge­gen bei der Bat­te­rie­elek­tro­mo­bi­li­tät unge­fähr 70 Pro­zent. Im Per­so­nen­ver­kehr, ins­be­son­de­re bei Kurz­stre­cken, ist Elek­tro­mo­bi­li­tät sei­ner Mei­nung nach ohne Fra­ge die effi­zi­en­tes­te Vari­an­te, um mit erneu­er­ba­ren Ener­gien CO2-neu­tral zu fah­ren. E‑Fuels machen hin­ge­gen beim Schiffs­ver­kehr, beim Lkw-Fern­ver­kehr und beim Flie­gen Sinn. Quel­le: FAZ 20.02.2018

Auch der ADAC rech­ne­te schon vor, wie inef­fi­zi­ent die Her­stel­lung und die Ver­bren­nung von E‑Fuels sind: In einer „Well to wheel-Betrach­tung“ wird die ein­ge­setz­te Ener­gie nur zu 10–15 Pro­zent genutzt, um vor­an zu kom­men. Im Elek­tro-Auto kom­men 70–80 Pro­zent der Aus­gangs-Ener­gie am Rad an. Quel­le: Tages­spie­gel Back­ground v. 30.06.2022

Auch bei der Ver­bren­nung von E‑Fuels ent­ste­hen Stick­oxi­de. Für den Stadt­ver­kehr ist daher tat­säch­lich das Bat­te­rie­fahr­zeug am bes­ten geeig­net. Die aktu­el­len Kos­ten von E‑Fuels lie­gen unter der Vor­aus­set­zung, dass der Strom sehr güns­tig ist, um über das drei­fa­che über denen von fos­si­lem Die­sel. Per­spek­ti­visch lie­gen die Kos­ten um 30 bis 100 Pro­zent dar­über. Quel­le: Inter­view mit Nils Ald­ag, Ener­gie­un­ter­neh­men Sun­fi­re GmbH, pro­du­ziert syn­the­ti­sche Kraft­stof­fe, in: StZ v. 03.07.2019

Fazit

Wir brau­chen drin­gend E‑Fuels. Wegen des enor­men Strom­be­darfs auf­grund der hohen Effi­zi­enz­ver­lus­te bei Her­stel­lung und Ver­bren­nung in Ver­bren­nungs­mo­to­ren müs­sen die­se jedoch für die Berei­che vor­ge­se­hen wer­den, die sich nicht direkt mit Ober­lei­tung oder Akku­mu­la­to­ren elek­tri­fi­zie­ren las­sen. Die E‑Fuels müs­sen also ins­be­son­de­re für die Flug­zeu­ge und Schif­fe vor­ge­se­hen wer­den. Ähn­li­ches gilt für den „Grü­nen“ Was­ser­stoff, der noch dazu in der Indus­trie wich­ti­ge Bei­trä­ge für de Ersatz von Koh­le und Erd­gas leis­ten kann.

Auch in Gesprä­chen, die ich in meh­re­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen für die Erzeu­gung von grü­nem Was­ser­stoff und E‑Fuels geführt habe, wur­den die­se Aus­sa­gen im Wesent­li­chen bestä­tigt:

Gespräch mit dem Zen­trum für Solar- und Was­ser­stoff­for­schung in Stutt­gart: https://www.matthias-gastel.de/was-die-wissenschaft-zu-wasserstoff-und-e-fuels-sagt

Besuch beim Zen­trum für Solar- und Was­ser­stoff­for­schung in Ulm: https://www.matthias-gastel.de/entwicklung-von-akku-und-brennstoffzelle/

Besuch bei Fraunhofer/Bosch in Salz­git­ter: https://www.matthias-gastel.de/voran-mit-wasserstoff-in-salzgitter/

Fach­ge­spräch mit ver­schie­de­nen Expert*innen: https://www.matthias-gastel.de/was-alternative-kraftstoffe-noch-nicht-koennen/

Zur Fra­ge der Umwelt­ver­träg­lich­keit von E‑Autos fin­den sich unzäh­li­ge Fach­bei­trä­ge auf mei­ner Home­page. Auf die­sen wei­se ich bei­spiel­haft hin:

https://www.matthias-gastel.de/e‑autos-wirklich-umweltfreundlicher/

 

[1] Ab 2035 neu zuge­las­se­ne Pkw und leich­te Nutz­fahr­zeu­ge müs­sen emis­si­ons­frei sein. Fak­tisch wird dies weit­ge­hend als Ver­bot von neu­en Die­sel- und Ben­zin­an­trie­ben und damit von Ver­bren­nungs­mo­to­ren gewer­tet. Der VDA bei­spiels­wei­se sprach von einem „fak­ti­schen Ver­bren­ner­ver­bot ab 2035“. Die FDP, die die im März in der Bun­des­re­gie­rung sich noch mit einem Ver­bren­ner-Aus ein­ver­stan­den erklärt hat­te, hat­te sich nun quer­ge­stellt. Auf ihr Drän­gen wur­de die EU-Kom­mis­si­on auf­ge­for­dert, einen Vor­schlag zu machen, wie Fahr­zeu­ge ab 2035 neu zuge­las­sen wer­den kön­nen, die aus­schließ­lich E‑Fuels tan­ken kön­nen. Dafür bräuch­te es umge­bau­te Ein­füll­stut­zen und Tank­stel­len. Wäh­rend es sich beim Ver­bot der Neu­zu­las­sung von Fahr­zeu­gen mit CO2-Emis­sio­nen um einen Beschluss han­delt, ist die Auf­for­de­rung bzgl. E‑Fuels als Absichts­er­klä­rung zu ver­ste­hen. Die meis­ten Fahr­zeug­her­stel­ler set­zen bereits teils seit län­ge­rem kon­se­quent auf bat­te­rie­elek­tri­sche Autos und das Ver­bren­ner-Aus. Sie wis­sen, dass die Ver­füg­bar­keit von E‑Fuels genau­so wenig abseh­bar ist wie ein bezahl­ba­rer Preis.