Wer mit der Franken- oder Taubertalbahn fährt braucht oftmals gute Nerven. Verspätungen und Zugausfälle sowie schlechte Fahrgastinformationen sind an der Tagesordnung. Die Frankenbahn hat sich im Qualitätsranking der baden-württembergischen Bahnverbindungen in den letzten Jahren immer weiter verschlechtert und rangiert inzwischen auf einem der hintersten Plätze (Platz 29 von 32). Ursächlich sind Engpässe im Netz. Dies gilt auch für die Taubertalbahn. Hinzu kommen dort noch veraltete Stellwerke mit Personalmangel. Die Technik in Stellwerken und an Bahnübergängen wird nach und nach modernisiert, sorgt aber für (über)lange baustellenbedingte Einschränkungen.
In einem öffentlichen Dialogformat habe ich mich mit Matthias Lieb, dem Qualitätsanwalt für die Fahrgäste in Baden-Württemberg, über die beiden Bahnstrecken ausgetauscht. Herr Lieb ist Wirtschaftsmathematiker, war lange Jahre Landesvorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD) und bringt Erfahrungen aus dem Fahrgastbeirat Baden-Württemberg mit. Angesiedelt ist die Tätigkeit per Beratervertrag bei der Nahverkehrsgesellschaft des Landes. Seine Aufgabe beschreibt er so: „Meine Aufgabe ist es, die Sicht der Fahrgäste in die Diskussion einzubringen und den Finger in die Wunde zu legen.“[1] Dazu wertet er Fahrgastbeschwerden aus und unternimmt Testfahrten. Einige Hintergrundinformationen aus meinen Lokalterminen entlang der Strecken und aus der Kommunikation mit der Deutschen Bahn sowie Inhalte aus dem Dialog mit Herrn Lieb gebe ich hier wieder.
Frankenbahn
Es handelt sich um die Strecke zwischen Stuttgart und Würzburg. Auf der Strecke liegt Heilbronn. Ein regelmäßiger Fernverkehr wird wegen der geringen Geschwindigkeiten seit Jahrzehnten nicht mehr angeboten. Dafür hat die Strecke eine hohe Bedeutung für den Regional- und den Güterverkehr. Die Strecke weist einen langen Blockabstand von neun Kilometern nördlich von Bad Friedrichshall[2] und seit 1945 einen 3,5 Kilometer langen eingleisigen Abschnitt zwischen Möckmühl und Züttlingen auf. Am Bahnhof in Königshofen gibt es nur einen Bahnsteig, wodurch in Richtung Osterburken nicht gehalten werden kann. Zudem gelten die Stellwerke und Bahnübergänge als störanfällig. Das Land hatte eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben und verschiedene Ausbaumaßnahmen untersuchen lassen. Diese wurden in drei „Paketen“ zusammengestellt. Paket 1, das als vordringlich angesehen wird („Interregionale Anbindung der Region“), beinhaltet die Verkürzung der Blockabstände bei Bad Friedrichshall und Osterburken, die Separierung eines Gütergleises in Neckarsulm (Audi), die Kurvenüberhöhungen zur Vermeidung bestehender Geschwindigkeitseinbrüche, die Erhöhung der Einfahrgeschwindigkeit auf Gleis 1 in Lauda und die Digitalisierung des gesamten Korridors. Da die Züge der Taubertalbahn zwischen Lauda und Königshofen die Gleise der Frankenbahn mitnutzen und dies zu Abhängigkeiten führt, ist eine betriebliche Entkopplung Bestandteil von „Paket 1“. Laut Auskunft des Landes hat das Bundesverkehrsministerium eine (Mit)Verantwortung für Ausbaumaßnahmen abgelehnt. Hintergrund: Im Juli 2023 hatte ich dem Bundesverkehrsministerium einige Fragen zur Frankenbahn geschickt. In seiner Antwort verwies das Ministerium darauf, dass es dazu im Potentiellen Bedarf des Bedarfsplans „Weitere Streckenmaßnahmen zur Engpassbeseitigung“ geben würde. Diese seien jedoch zurückgestellt worden. Aus den im Zielfahrplan vorgesehenen Verkehren sei kein Bedarf an zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen abzuleiten. Ergänzend dazu: Aktuell wird die Verkehrsprognose 2040 erstellt. Auf dieser Basis wird festgestellt, ob es neue Bedarfe gibt. Diese wird es auf der Strecke im Fernverkehr jedoch nicht geben, da die Grundlage der Status Quo ist (kein Fernverkehr = Bund sieht sich nicht in Verantwortung).
Matthias Lieb wies darauf hin, dass die Strecke durch den Entfall des Fernverkehrs an Bedeutung verloren, durch die Verdichtung des Regionaltaktes jedoch Fahrgäste gewonnen hat. Lange Linienläufe sorgen für mehr Verspätungen. Dasselbe gilt für höhengleiche Kreuzungen mit anderen Bahnstrecken und den Vorrang anderer Züge. Die aktuellen Verkehrsverträge werden überarbeitet, um die Anschlusssicherung in Umsteigeknoten zu verbessern.
Da ich mich mit der Frankenbahn schon häufig intensiv befasst habe, weise ich auf diese Beiträge auf meiner Homepage hin:
Taubertalbahn
Mit der Deutschen Bahn stand ich nach einem Lokaltermin mehrfach im Austausch über die Taubertalbahn. Dabei ging es hauptsächlich um die alten Stellwerke und deren Personalprobleme. Die DB teilte mir mit, dass es durch Modernisierungen in den Vorjahren im bayerischen Teil der Westfrankenbahn gelingen würde, den Betrieb ohne Einschränkungen aufrechtzuerhalten. Maßgeblich sei hierbei die ESTW-Bedienzentrale Miltenberg. Um den reibungslosen Betrieb aufrecht erhalten zu können, werde das letzte personenbediente Stellwerk Obernburg-Elsenfeld/Kleinwallstadt Ende 2025 auf ESTW‑R umgebaut und ebenso aus der Bedienzentrale in Miltenberg gesteuert. Hingegen sei auf dem Abschnitt in Baden-Württemberg in den letzten Jahrzehnten wenig saniert worden. Erst seit 2018 würden Verkehrsstationen, Gleisinfrastruktur, Brücken sowie die Bahnhöfe in elektronischer Stellwerkstechnik nach und nach modernisiert. Ende Juli 2023 ging das neue ESTW‑R Rot am See in Betrieb. Doch der Nachholbedarf sei so groß, dass die Modernisierung erst Anfang der 2030er-Jahre abgeschlossen sein würde. In den Sommerferien 2024 musste der Betrieb eingeschränkt werden, da nicht ausreichend Personal in den Stellwerken vorhanden war. Danach soll es eine stabile Schichtplanung bis mindestens November geben.[3] Dasselbe gelte nach Abschluss einer Ausbildungsklasse für die Triebfahrzeugführer. Zum Fahrplanwechsel 12/2024 geht das Stellwerk Markelsheim als nächste Maßnahme außer Betrieb. Die Bauphase beginnt im Februar 2025, die Inbetriebnahme des ESTW‑R Markelsheim ist dann für Ende 2025 vorgesehen. Danach folgt das Stellwerk Satteldorf. Hier ist die Außerbetriebnahme für August 2025 und die Inbetriebnahme des ESTW‑R Satteldorf für Ende 2027 vorgesehen.
Matthias Lieb verwies darauf, dass das vom Land bestellte Programm sich als nicht fahrbar erwiesen hat, weil der Personalmangel „in den Stellwerken zugeschlagen hat“. Anders als für die Frankenbahn gibt es aber einen Modernisierungsplan für die Infrastruktur (Stellwerke). Verbesserungen, so Lieb, sind schrittweise zu erwarten. Jedoch, auch das sprach Lieb an, gibt es ungünstig geregelte Bahnübergänge, bei denen der Straßenverkehr bevorzugt berücksichtigt wird und die Züge lange auf die Weiterfahrt warten müssen.
[1] Mannheimer Morgen vom 21.12.2023
[2] Ermöglicht eine Zugfolgezeit von nur 10 Minuten
[3] Die DB verwies auf Bewerbertage und positive Ausbildungszahlen.