Gespräch mit DB Energie und Erneuerbaren-Branche
Wie kommt die Bahn möglichst schnell raus aus dem Kohlestrom und rein in vollständig grünen Strom? Darüber und über weitere Themen, wie etwa die aktuellen Herausforderungen am Energiemarkt, diskutierte ich in einem Bahngespräch, einem von mir initiierten öffentlichen Videoformat.
Meine Gesprächspartner*innen waren: Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverband Erneuerbare Energien e.V. (BEE) und Torsten Schein, Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Energie GmbH. Der BEE setzt sich für „100 Prozent Erneuerbare Energie in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität“ ein und versteht sich als „verlässlicher und kompetenter Partner für Politik, Wissenschaft und Medien“. DB Energie ist lt. Homepage „der Energiemanager der Deutschen Bahn“. Mit rund 1.900 Mitarbeitenden wird ein Umsatz von 3,3 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das Unternehmen kümmert sich um die Versorgung der Züge mit Strom und Dieselkraftstoff. Dazu werden Kraft‑, Umformer- und Umrichterwerke, Trafostationen sowie Tankstellen betrieben. Es wird also mit Energie gehandelt und Infrastruktur betrieben.
Es dürfte bekannt sein, dass der Transport auf der Schiene wesentlich weniger Energieaufwand erfordert als etwa auf der Straße oder in der Luft. Aktuell sind etwa 61 Prozent des deutschen Streckennetztes mit Oberleitungen elektrifiziert. Diesen Anteil wollen wir als Ampelkoalition bis 2030 auf 75 Prozent erhöhen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um den Schienenverkehr unabhängiger von fossilen Energieträgern zu machen. Um jedoch eine Klimaneutralität zu erreichen, muss der Strom im Fahrdraht zukünftig aus erneuerbaren Energien stammen. Aktuell werden 65 Prozent des Bahnstrommix aus erneuerbaren Energien erzeugt.
Trotz dieses doch recht spezifischen Themas fanden sich relativ viele Interessierte ein und beteiligten sich rege durch verschiedene Fragen und Anmerkungen.
Spannend waren die Einblicke von Torsten Schein, der Erklärungen lieferte wie der Strom in den Zug kommt und dass dabei im Moment eine Versorgungssicherheit von 99,9 Prozent gegeben ist. Die Versorgung von Zügen mit Strom kann also als äußerst zuverlässig angesehen werden. Er erwähnte, dass im Bahnstrommix der Anteil an erneuerbaren Energien bereits relativ hoch ist, gab aber auch zu, dass im Moment auch Kohle- und Gaskraftwerke immer noch eine wichtige Rolle für die Versorgungssicherheit einnehmen. Zu erwähnen ist hier insbesondere das Kohlekraftwerk Datteln. Die Entscheidung für eine Beteiligung der DB fiel vor über 10 Jahren. Dieser Strom gilt inzwischen als verzichtbar. Auch Atomstrom ist noch – schon immer in unterdurchschnittlichem Umfang – Bestandteil des Strommixes.
Herr Schein zeigte sich zuversichtlich, dass der Anteil an erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren deutlich erhöht werden kann. Dem pflichtete auch Simone Peter bei: „Erneuerbare Energien im Verkehr generell und somit auch im Bahnstrom werden sich durchsetzen.“ Während die DB ihren Alternativstrom derzeit noch überwiegend aus verhältnismäßig wenigen Großkraftwerken bezieht, möchte sie sich hier in Zukunft diverser aufstellen. Die Referent*innen verwiesen darauf, dass erneuerbar erzeugter Strom wegen geringerer Gestehungskosten sich immer häufiger Preisdämpfend auswirken wird.
Im weiteren Verlauf des Gespräches ging es darum, ob das Stromnetz den Anforderungen des Deutschlandtaktes gewachsen ist, wenn etwa in großen Knotenbahnhöfen sehr viele Züge mehr oder weniger gleichzeitig anfahren und so ein sehr hoher Energiebedarf besteht. Schein meinte dazu, dass mit der heutigen Infrastruktur der Deutschlandtakt gut möglich ist. Teilweise bestehen diese Situationen an einigen Bahnhöfen auch heute schon. Im Kontext dazu kam auch die Frage nach Speichertechnologien und welchen Beitrag diese leisten können auf. Torsten Scheins Einschätzung dazu war, dass Speicher mit dem Stand der heutigen Technik eher keinen großen Beitrag leisten würden – ganz einfach deshalb, weil sehr große Energiemengen in kurzer Zeit benötigt werden und dies enorme Speicherkapazitäten benötigen würden, die zumindest zum heutigen Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung stehen.
Des Weiteren beantwortete Torsten Schein die Frage aus dem Publikum nach dem Netzverlust, also wie viel Prozent der Energie verloren gehen von der Einspeisung bis zum Zug. Dieser liegt momentan bei etwa 10 Prozent. Auch gab es eine Frage zu Photovoltaikanlagen, welche insbesondere auf Bahn-eigenen Flächen deutlich schneller ausgebaut werden sollen. Hierzu verweise ich auch auf diesen aktuellen Beitrag auf meiner Homepage: https://www.matthias-gastel.de/grosse-potentiale-auf-bahnflaechen/
Abschließend regte Simone Peter schnellere Genehmigungsverfahren beim Ausbau der erneuerbaren Energien an. Lange Realisierungszeiten durch viel Bürokratie seien im Moment oft noch eine große Hürde. Auch der Ausbau von Speichertechnologien müsse weiter erforscht und verbessert werden.
Torsten Schein stimmte dem zu. Speichertechnologien würden in Zukunft noch wichtiger werden. Beide Fachleute sprachen auch über die allgemeinen Unsicherheiten am internationalen Energiemarkt und forderte im Zuge dessen eine klare Strategie, wie Deutschland seine Energieversorgung in Zukunft bezahlbar mit erneuerbaren Energien organisieren will.
Ich danke meinen beiden Gesprächspartner*innen für die Teilnahme am Bahngespräch, insbesondere auch für die fachliche Einschätzung und detaillierten Einblicke. Auch den Teilnehmenden vielen Dank für ihr Interesse und die rege Beteiligung.
Dieser Beitrag entstand unter Mitwirkung eines Praktikanten in meinem Berliner Bundestagsbüro.