Wo der Bahnstrom herkommt

21.12.2022

Gespräch mit DB Energie und Erneuerbaren-Branche

Wie kommt die Bahn mög­lichst schnell raus aus dem Koh­lestrom und rein in voll­stän­dig grü­nen Strom? Dar­über und über wei­te­re The­men, wie etwa die aktu­el­len Her­aus­for­de­run­gen am Ener­gie­markt, dis­ku­tier­te ich in einem Bahn­ge­spräch, einem von mir initi­ier­ten öffent­li­chen Video­for­mat.

Mei­ne Gesprächspartner*innen waren: Dr. Simo­ne Peter, Prä­si­den­tin des Bun­des­ver­band Erneu­er­ba­re Ener­gien e.V. (BEE) und Tors­ten Schein, Vor­sit­zen­der der Geschäfts­füh­rung der DB Ener­gie GmbH. Der BEE setzt sich für „100 Pro­zent Erneu­er­ba­re Ener­gie in den Berei­chen Strom, Wär­me und Mobi­li­tät“ ein und ver­steht sich als „ver­läss­li­cher und kom­pe­ten­ter Part­ner für Poli­tik, Wis­sen­schaft und Medi­en“. DB Ener­gie ist lt. Home­page „der Ener­gie­ma­na­ger der Deut­schen Bahn“. Mit rund 1.900 Mit­ar­bei­ten­den wird ein Umsatz von 3,3 Mil­li­ar­den Euro erwirt­schaf­tet. Das Unter­neh­men küm­mert sich um die Ver­sor­gung der Züge mit Strom und Die­sel­kraft­stoff. Dazu wer­den Kraft‑, Umfor­mer- und Umrich­ter­wer­ke, Tra­fo­sta­tio­nen sowie Tank­stel­len betrie­ben. Es wird also mit Ener­gie gehan­delt und Infra­struk­tur betrie­ben.

Es dürf­te bekannt sein, dass der Trans­port auf der Schie­ne wesent­lich weni­ger Ener­gie­auf­wand erfor­dert als etwa auf der Stra­ße oder in der Luft. Aktu­ell sind etwa 61 Pro­zent des deut­schen Stre­cken­netz­tes mit Ober­lei­tun­gen elek­tri­fi­ziert. Die­sen Anteil wol­len wir als Ampel­ko­ali­ti­on bis 2030 auf 75 Pro­zent erhö­hen. Dies ist ein wich­ti­ger Schritt, um den Schie­nen­ver­kehr unab­hän­gi­ger von fos­si­len Ener­gie­trä­gern zu machen. Um jedoch eine Kli­ma­neu­tra­li­tät zu errei­chen, muss der Strom im Fahr­draht zukünf­tig aus erneu­er­ba­ren Ener­gien stam­men. Aktu­ell wer­den 65 Pro­zent des Bahn­strom­mix aus erneu­er­ba­ren Ener­gien erzeugt.

Trotz die­ses doch recht spe­zi­fi­schen The­mas fan­den sich rela­tiv vie­le Inter­es­sier­te ein und betei­lig­ten sich rege durch ver­schie­de­ne Fra­gen und Anmer­kun­gen.

Span­nend waren die Ein­bli­cke von Tors­ten Schein, der Erklä­run­gen lie­fer­te wie der Strom in den Zug kommt und dass dabei im Moment eine Ver­sor­gungs­si­cher­heit von 99,9 Pro­zent gege­ben ist. Die  Ver­sor­gung von Zügen mit Strom kann also als äußerst zuver­läs­sig ange­se­hen wer­den. Er erwähn­te, dass im Bahn­strom­mix der Anteil an erneu­er­ba­ren Ener­gien bereits rela­tiv hoch ist, gab aber auch zu, dass im Moment auch Koh­le- und Gas­kraft­wer­ke immer noch eine wich­ti­ge Rol­le für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit ein­neh­men. Zu erwäh­nen ist hier ins­be­son­de­re das Koh­le­kraft­werk Dat­teln. Die Ent­schei­dung für eine Betei­li­gung der DB fiel vor über 10 Jah­ren. Die­ser Strom gilt inzwi­schen als ver­zicht­bar. Auch Atom­strom ist noch – schon immer in unter­durch­schnitt­li­chem Umfang – Bestand­teil des Strom­mi­xes.

Herr Schein zeig­te sich zuver­sicht­lich, dass der Anteil an erneu­er­ba­ren Ener­gien in den nächs­ten Jah­ren deut­lich erhöht wer­den kann. Dem pflich­te­te auch Simo­ne Peter bei: „Erneu­er­ba­re Ener­gien im Ver­kehr gene­rell und somit auch im Bahn­strom wer­den sich durch­set­zen.“ Wäh­rend die DB ihren Alter­na­tiv­strom der­zeit noch über­wie­gend aus ver­hält­nis­mä­ßig weni­gen Groß­kraft­wer­ken bezieht, möch­te sie sich hier in Zukunft diver­ser auf­stel­len. Die Referent*innen ver­wie­sen dar­auf, dass erneu­er­bar erzeug­ter Strom wegen gerin­ge­rer Geste­hungs­kos­ten sich immer häu­fi­ger Preis­dämp­fend aus­wir­ken wird.

Im wei­te­ren Ver­lauf des Gesprä­ches ging es dar­um, ob das Strom­netz den Anfor­de­run­gen des Deutsch­land­tak­tes gewach­sen ist, wenn etwa in gro­ßen Kno­ten­bahn­hö­fen sehr vie­le Züge mehr oder weni­ger gleich­zei­tig anfah­ren und so ein sehr hoher Ener­gie­be­darf besteht. Schein mein­te dazu, dass mit der heu­ti­gen Infra­struk­tur der Deutsch­land­takt gut mög­lich ist. Teil­wei­se bestehen die­se Situa­tio­nen an eini­gen Bahn­hö­fen auch heu­te schon. Im Kon­text dazu kam auch die Fra­ge nach Spei­cher­tech­no­lo­gien und wel­chen Bei­trag die­se leis­ten kön­nen auf. Tors­ten Scheins Ein­schät­zung dazu war, dass Spei­cher mit dem Stand der heu­ti­gen Tech­nik eher kei­nen gro­ßen Bei­trag leis­ten wür­den – ganz ein­fach des­halb, weil sehr gro­ße Ener­gie­men­gen in kur­zer Zeit benö­tigt wer­den und dies enor­me Spei­cher­ka­pa­zi­tä­ten benö­ti­gen wür­den, die zumin­dest zum heu­ti­gen Zeit­punkt noch nicht zur Ver­fü­gung ste­hen.

Des Wei­te­ren beant­wor­te­te Tors­ten Schein die Fra­ge aus dem Publi­kum nach dem Netz­ver­lust, also wie viel Pro­zent der Ener­gie ver­lo­ren gehen von der Ein­spei­sung bis zum Zug. Die­ser liegt momen­tan bei etwa 10 Pro­zent. Auch gab es eine Fra­ge zu Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen, wel­che ins­be­son­de­re auf Bahn-eige­nen Flä­chen deut­lich schnel­ler aus­ge­baut wer­den sol­len. Hier­zu ver­wei­se ich auch auf die­sen aktu­el­len Bei­trag auf mei­ner Home­page: https://www.matthias-gastel.de/grosse-potentiale-auf-bahnflaechen/

Abschlie­ßend reg­te Simo­ne Peter schnel­le­re Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren  beim Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien an. Lan­ge Rea­li­sie­rungs­zei­ten durch viel Büro­kra­tie sei­en im Moment oft noch eine gro­ße Hür­de. Auch der Aus­bau von Spei­cher­tech­no­lo­gien müs­se wei­ter erforscht und ver­bes­sert wer­den.

Tors­ten Schein stimm­te dem zu. Spei­cher­tech­no­lo­gien wür­den in Zukunft noch wich­ti­ger wer­den. Bei­de Fach­leu­te spra­chen auch über die all­ge­mei­nen Unsi­cher­hei­ten am inter­na­tio­na­len Ener­gie­markt und for­der­te im Zuge des­sen eine kla­re Stra­te­gie, wie Deutsch­land sei­ne Ener­gie­ver­sor­gung in Zukunft bezahl­bar mit erneu­er­ba­ren Ener­gien orga­ni­sie­ren will.

Ich dan­ke mei­nen bei­den Gesprächspartner*innen für die Teil­nah­me am Bahn­ge­spräch, ins­be­son­de­re auch für die fach­li­che Ein­schät­zung und detail­lier­ten Ein­bli­cke. Auch den Teil­neh­men­den vie­len Dank für ihr Inter­es­se und die rege Betei­li­gung.

Die­ser Bei­trag ent­stand unter Mit­wir­kung eines Prak­ti­kan­ten in mei­nem Ber­li­ner Bun­des­tags­bü­ro.