Wir blicken auf ein schwieriges, international wie national krisenbehaftetes Jahr zurück. Die Angriffskriege auf die Ukraine und auf Israel lösen viel Leid aus. Wer angegriffen wird, hat unsere volle Solidarität und Unterstützung. Diese und weitere Kriege, Unruheherde und Länder voller Menschen ohne wirtschaftliche Perspektive haben zusätzliche Flüchtlingsbewegungen ausgelöst und sorgen bei vielen Bürgerinnen und Bürgern in Europa und auch bei uns in Deutschland für Ängste. Die hohe Inflation, die inzwischen wieder deutlich abgeflacht ist, hat darüber hinaus für Verunsicherung in unserer Gesellschaft gesorgt. Die Klimakrise ist über all diese beherrschenden Themen leider etwas aus dem Blick geraten. Sie ist aber keineswegs verschwunden. Das ablaufende Jahr war das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen.
Kritischer Rückblick auf Fehler der Politik
Rund um das geplante Heizungsgesetz war Einiges inhaltlich wie kommunikativ schlecht gelaufen. Dabei ist klar, dass wir effizienter mit Energie umgehen und schrittweise aus klimaschädlichen, endlichen, fossilen Energieträgern aussteigen müssen. Die Debatte ums Heizungsgesetz hat Vertrauen in die Politik zerstört. Als Lehre daraus hätten Entscheidungen an der Spitze der Koalition über derart abrupte Beendigungen bei der Kaufprämie für E‑Autos und den Subventionen in der Landwirtschaft nicht erfolgen dürfen. Natürlich ist es gut, wenn der Einstieg in den Abbau ökologisch schädlicher Subventionen endlich erfolgt. Dazu gehören auch Privilegien in der Landwirtschaft. Weshalb sollen Bauern preiswerter tanken können als Bürger/innen ihre PKW und Speditionen ihre LKW? Dieser Subventionsabbau muss aber planbar, schrittweise und keinesfalls einseitig zulasten einer Berufsgruppe erfolgen.[1] Politik muss wieder berechenbarer und verlässlicher und zudem besser erklärt werden. Sie muss aber auch mutige Entscheidungen treffen und den Menschen erforderliche Veränderungen zumuten.
Meine Aufgaben
Ich bin Mitglied der beiden Ausschüsse für Verkehr und Tourismus. Meine Aufgabenschwerpunkte sind „Bahn“ sowie „Güterverkehr und Logistik“ (Landverkehre). Auf Vorschlag der Ampelkoalition hat mich die Bundesregierung in den Aufsichtsrat der DB Netz AG (ab Januar „DB InfraGo AG“, zuständig für Netz und Stationen) entsandt. Dort kontrolliere ich das Unternehmen insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung politischer Erwartungen. Mein einziges Ehrenamt ist, mich als Vorstandsmitglied der „Grüne und Alternative in den Räten von Baden-Württemberg“ in die Arbeit der kommunalpolitischen Vereinigung einzubringen. Ich habe keine Nebenjobs und konzentriere mich voll auf meine politische Arbeit als Abgeordneter.
Meine Themen im Bundestag
Ich selber war als Abgeordneter und in Zuständigkeit für die Themen „Bahn“ und „Güterverkehr/Logistik“ in intensive, zeitaufwändige Gesetzgebungsverfahren eingebunden. Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Wir haben die LKW-Maut ausgeweitet und setzen damit Impulse dafür, mehr Güter auf die Schiene zu verlagern und bei den Lastwagen zunehmend auf alternative Antriebe zu setzen. Die Angebote an batterieelektrischen Lastwagen wächst und in meinem Wahlkreis wird eine Produktionsstätte für LKW-Brennstoffzellen entstehen. 40 Prozent der Einnahmen aus der Maut fließen in die über Jahrzehnte kaputtgesparte Schiene (bisher null Prozent). Wir fahren die Investitionen für eine sanierte und leistungsfähigere Schienen-Infrastruktur massiv hoch. Zudem beschleunigen wir den Aus- und Neubau („Überragendes öffentliches Interesse“). Das alles sind Voraussetzungen dafür, dass Züge wieder pünktlicher fahren können und Klimaziele erreichbar werden. Mit dem Deutschlandticket ist die Nutzung von Bus und Bahn auf Dauer angelegt so einfach und preiswert wie nie zuvor. Offene Finanzierungsfragen müssen in den kommenden Monaten geklärt werden. Wir haben noch viel vor uns: Es braucht ein Förderprogramm für die Transformation der Antriebstechnologien bei Lastwagen. Wir müssen als Verkehrsleute der Ampel-Fraktion mit der Bundesregierung klären, wie es nach der Beschlussfassung unseres gemeinsamen Antrags zu den Arbeitsbedingungen im Straßengüterverkehr weitergeht. Die dicksten Brocken sind das Bundesschienenwegeausbaugesetz und das Moderne-Schiene-Gesetz. Ziel ist eine neue Finanzierungsarchitektur für Investitionen in ein leistungsfähigeres Schienennetz. Die Investitionsmittel deutlich zu erhöhen reicht nicht. Wir müssen die finanzielle Umsetzung erheblich einfacher ermöglichen. Ein Beispiel: Selbst für den Einbau zusätzlicher Weichen zur Erhöhung der Redundanz müssen aufwändige, zeitraubende Nutzen-Kosten-Berechnungen durchgeführt werden. Dies wollen wir vereinfachen. Ziele sind die schnellere Sanierung des Netzes, die entschlossenere Elektrifizierung und Digitalisierung, aber auch der Aus- und Neubau der Schienenwege. Nur mit einer leistungsfähigeren und zuverlässigeren Bahn lassen sich mehr Personen und Güter für die klimaverträglichere Alternative zu Straße und Flugverkehr gewinnen.
Meine Themen im Wahlkreis
Ich setze mich seit langem für einzelne Ausbaumaßnahmen an der Bahnstrecke von Stuttgart über Esslingen und Nürtingen nach Tübingen ein. Wir haben zu viele unpünktliche Züge. Eine Ursache ist die Infrastruktur. Dasselbe gilt für die massiven Verspätungen im Netz der S‑Bahn Stuttgart. Hierfür habe ich eine sehr umfangreiche Analyse und konkrete Verbesserungsvorschläge vorgelegt. Siehe https://www.matthias-gastel.de/handeln-fuer-die-s-bahn-stuttgart/ Leider zeigt sich, dass fast überall im deutschen Schienennetz der Handlungsbedarf riesig ist und wir nicht überall schnell genug vorankommen. Ich bin aber hartnäckig und bleibe im Interesse unserer Mobilität und der Fahrgäste aktiv. Dasselbe gilt für verlässlichere Busanschlüsse, um Reiseketten besser gewährleisten zu können. Diese hatte ich zuletzt für die Bahnhöfe in Filderstadt, Nürtingen und Kirchheim unter Teck mit beteiligten Busunternehmen sowie dem Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) und den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) thematisiert.
Wichtig ist mir auch der Ausbau des Schienennetzes. Die S‑Bahn nach Neuhausen befindet sich endlich im Bau. Ich begleite politisch die S‑Bahn nach Nürtingen sowie die Reaktivierung der Bahn nach Weilheim an der Teck. Ziel muss sein, eine durchgehende Verbindung von Kirchheim über Bad Boll bis nach Göppingen zu schaffen.
Inflation und Arbeit der Ampel-Koalition
Die in den meisten Bereichen gestiegenen Preise belasten viele Menschen und Unternehmen. Zwar lag die Inflationsrate im November 2023 mit 3,2 Prozent wieder unter der Rate zum Zeitpunkt des Regierungsübergangs auf die „Ampel“ (Dezember 2021: 4,9 Prozent). Zwischenzeitlich lag diese aber in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine deutlich höher. Maßnahmen des Bundes zur Entlastung der Menschen wirken teilweise weiter. Zu nennen sind die Abschaffung der EEG-Umlage, die Erhöhung von Mindestlohn und Bürgergeld, das Deutschlandticket sowie die Senkung der Einkommensteuer (Erhöhung Grund- und Kinderfreibetrag).
Wichtig ist mir zudem, dass die Energiewende vorankommt. Wir haben den Atomausstieg nach einer Verlängerung der Laufzeit über den Winter 2022/2023 bis ans „Ende der Brennstäbe“ inzwischen vollzogen. Die erneuerbaren Energien tragen immer stärker zu einer bezahlbaren und klimaverträglichen Energieversorgung bei. Nun können auch Mieterinnen und Mieter mit Balkon-PV eigenen Solarstrom erzeugen. Schneller voran kommen muss unser Land beim Ausbau von Leitungsnetzen und Stromspeichern. Zudem muss noch ein Endlager für den Atommüll gefunden werden.
Mit dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz wird der Umbau der Nutztierhaltung beschleunigt und der Tierschutz verbessert.
Der Bundestag wird nach vielen Jahren ergebnisloser Debatten mit der nächsten Wahl verkleinert.
Mit der neuen Verbandsklage wird der Verbraucherschutz gestärkt.
Der neu implementierte und zunächst für Fragen der Ernährung eingesetzte Bürgerrat wird die demokratische Partizipation und transparente Meinungsbildung in unserem Land stärken.
Flüchtlingspolitik: Für Humanität und Ordnung
Als Grüne stehen wir in der Flüchtlingspolitik wie kaum eine andere Partei im Spannungsfeld zwischen “Humanität und Ordnung“. Wir wollen Menschen in Not helfen und wissen doch um die begrenzten Möglichkeiten in den Kommunen und die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz, ohne die keine Integration gelingen kann. Viele derer, die uns gewählt haben, erwarten von uns den Einsatz für eine humane Flüchtlingspolitik. Zugleich wissen wir als kommunal stark verankerte Partei, dass sich kaum mehr Haupt- und Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe, in den Kitas und Schulen finden lassen. Es muss also auch um “Ordnung“ gehen, was klare Regeln dafür bedeutet, wer kommen und wer bleiben darf. Steuerung, Ordnung und Rückführung auf Grundlage von menschenrechtsbasierten Migrationsabkommen gehören zur Realität eines Einwanderungslandes. Wir brauchen dafür eine stärkere europäische Zusammenarbeit. Grenzkontrollen und Registrierungen an den Außengrenzen sind eine EU-Gemeinschaftsaufgabe. Wir wollen eine faire Verteilung von Schutzsuchenden. Wichtig ist mir, dass wir uns klar abgrenzen von jenen Populisten, die glauben machen, man könne sich mit schärferen (nationalen) Gesetzen abschotten. Selbst, wenn man dies wollte: Menschen, die einige tausend Euro für Schleuser bezahlen und sich in nicht seetüchtigen Booten auf den Weg über das Mittelmeer machen, lassen sich weit überwiegend nicht von ihrer Flucht aus der Perspektivlosigkeit abhalten. Daher bleibt die Bekämpfung von Fluchtursachen eine wichtige Aufgabe.
Blick in die Welt
Leider sind wir weit von der Friedlichkeit in der Welt entfernt, die sich vermutlich der größte Teil der Menschen wünscht. In Syrien herrscht noch immer ein grausamer Krieg. Die Ukraine wurde von Putins Russland in imperialistischer Absicht angegriffen. Dieser Krieg zermürbt viele Menschen zunehmend. Er darf uns jedoch nicht gleichgültig werden. Denn Putins Absicht ist es, sein Land wieder größer zu machen und seinen Einfluss in Richtung Europa auszuweiten. Damit verunsichert er andere Länder, was in deren Wunsch zum Nato-Beitritt deutlich wird. Ein von Putin beeinflusstes Europa ist keines der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Akzeptanz von Minderheitenrechten. Daher müssen wir die Ukraine weiter aktiv unterstützen. Ähnlich verhält es sich mit Israel. Auch hier ist klar zu benennen, auf welcher Seite der Aggressor sitzt. Es ist unerträglich, dass der Hass der Hamas auf die Menschen in Israel ganz offensichtlich viel größer ist als das Verantwortungsgefühl der eigenen Bevölkerung gegenüber. Diese muss als Schutzschild herhalten. Entgegen so mancher Kritik führen wir die humanitäre Hilfe für die Menschen in Gaza fort.
Vielfach wird in Deutschland gefordert, man solle „weniger Geld ins Ausland geben“. Ich bin nicht dieser Meinung. Es kann uns als reichem Land, in dem immer wieder christliche Werte beschworen werden, nicht egal sein, was Menschen in anderen Ländern widerfährt. Ich bedaure, dass die Ausgaben für das internationale Engagement Deutschlands entsprechend der Einigung der Koalitionsspitze in Folge des Verfassungsgerichtsurteils zum „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) um 800 Millionen abgesenkt werden sollen. Ich sehe es als Widerspruch, die Flüchtlingszahlen senken zu wollen und zugleich beim Engagement für bessere Lebensbedingungen in Entwicklungsländern nachzulassen.
Wie in den Vorjahren auch, habe ich wieder 1.000 Euro für „Brot für die Welt“ gespendet, um ein Stück an persönlicher Verantwortung zu übernehmen.
Eine Gesellschaft in Unruhe
Mir geht es ganz zentral um den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Deren Pluralität darf nicht im Widerspruch dazu stehen, gemeinsam die Grundregeln von Anstand und konstruktiven Auseinandersetzungen zu missachten. Leider stelle ich fest, dass Meinungen zunehmend aggressiv vertreten werden und Respekt voreinander verloren geht. Bei uns im Wahlkreis sollte wie anderswo auch stärker darauf geachtet werden, wie über und noch besser mit Mitmenschen gesprochen wird. Im Dezember habe ich meine Präsenz mit Bürgersprechstunden auf Wochenmärkten und an Bahnhöfen weiter intensiviert. Siehe https://www.matthias-gastel.de/sprechstunden-vor-ort-bei-den-leuten/ Diese hohe Präsenz werde ich auch in 2024 aufrechterhalten. Regelmäßige Telefonsprechstunden werden beibehalten. Weiterhin bleibe ich in den sozialen Medien präsent. Bisher kommuniziere ich über zwei Facebook-Seiten (eine speziell zu Verkehrsthemen, mit sehr vielen Diskussionen), Instagram, Twitter/“X“ und LinkedIn. Neuerdings bin ich, bei allen Bedenken, auch noch auf TikTok unterwegs, um junge Menschen über die Arbeit des Bundestages und mein persönliches Engagement zu informieren. Dieses Medium darf man nicht den Feinden der Demokratie überlassen, die weit überwiegend von rechts kommen. Auf Bluesky baue ich gerade eine weitere Präsenz und Ansprechbarkeit auf. Politik muss für Anregungen und Kritik ansprechbar sein und besser erklärt werden. Verunsicherungen löst man am besten im Dialog auf. Ich werde daher weiterhin meinen Beitrag dafür leisten, dass die Menschen – bei allen völlig normalen Meinungsunterschieden – wieder Vertrauen in ihren Staat fassen und optimistisch in die Zukunft blicken.
Mein Dank gilt zum Jahreswechsel all denjenigen, die sich für unsere Gesellschaft, für unseren Zusammenhalt, für unsere Demokratie, für Umwelt und Natur, Kultur und vieles mehr engagiert haben und weiter engagieren.
Ich wünsche Ihnen ein gutes und gesundes Jahr 2024 voller Zuversicht!
[1] Den Bauern in Deutschland wäre am meisten geholfen, wenn es gerade bei der Ernährung weniger Geiz geben würde. Während in Deutschland nur 12 Prozent der privaten Konsumausgaben auf Lebensmittel entfallen, sind es in Frankreich und Italien 14 und in Litauen und Lettland fast 20 Prozent. Der Einkauf auf dem Wochenmarkt, direkt ab Hof oder regional im Supermarkt hilft den Bäuerinnen und Bauern mehr, als an ökologisch schädlichen Subventionen festzuhalten.